Naturschutzgruppe Taubergrund - Gertrud Zelinsky und Peter Mühleck führten Natur- und Poesiefreunde unter anderem zur Bergkirche

Interessanter Spaziergang mit Mörike

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Bad Mergentheim/Laudenbach. Bei der "liebsten Kirche sondergleichen" trafen sich Natur- und Poesiefreunde zu einem Spaziergang mit Gertrud Zelinsky und Peter Mühleck. Anlass boten das "Internationale Jahr der Wälder" in Zusammenhang mit dem Geburtstag von Wilhelm Hartlaub, dem ehemaligen Pfarrer von Wermutshausen. Ihm, seinem Freund, hatte der Mergentheimer Eduard Mörike am 29. Mai 1845 ein Gedicht über die Bergkirche in Laudenbach gewidmet.

Nachtigall und Kuckuck hatten es dem Dichter angetan. Oft war er von seinem Wohnort Mergentheim zu der Kirche gewandert, um dort auf dem "grünen Rasen" mit der Familie Hartlaub einen Nachmittag in der Natur zu verbringen. Auch die etwa 50 Zuhörer durften an diesem Sonntagnachmittag die Natur erleben, den Gesang von Amsel, Rotkelchen, Zaunkönig, Gartengrasmücke und den Duft der Rose.

Vor allem aber, der Naturfreund und Dichter Eduard Mörike war ständig gegenwärtig. Peter Mühleck verstand es meisterhaft, zwischen den von Gertrud Zelinsky vorgetragenen Gedichten zu moderieren. Der Gesang der Vögel stimmte auf das "Vogellied" ein, die Waldesstille auf das Versepos "Waldidylle", eine Schnake auf die Empfindsamkeit des Waldbesuchers Mörike, der in seinem Gedicht "Waldplage" mit einem Band des im 18. Jahrhundert sehr bekannten Autors Friedrich Gottlieb Kloppstock ". . .das schwebende Geziefer, wie sich eines naht', mit raschem Klapp zu töten. . ." beschließt.

Die blau blühende Akelei am Wegesrand stimmte ein auf eines der bekanntesten Gedichte Eduard Mörikes: "Frühling lässt sein blaues Band, wieder durch die Lüfte flattern, süße, wohlbekannte Düfte. . ."

Nicht nur der Duft von den Holunderblüten, sondern auch die Klänge der Gitarre von Hildegard Gromes aus Laudenbach, als Untermalung anstelle einer Äolsharfe: "Horch, von fern ein leiser Harfenton" vervollkommneten die Freude im Frühling.

Eine freistehende Buche bot die Kulisse für einen kleinen Exkurs in die Waldwirtschaft von heute und gestern und das daran anschließende Gedicht "Die schöne Buche". Einige Ausschnitte aus dem Leben des Dichters verdeutlichten sein Bedürfnis, aus dem Alltagsgetriebe in die Natur zu flüchten und dort in aller Stille und Einsamkeit "dem Kuckuck horchend im Grase liegend". Da lag er nun, der Mörike, in der Person von Peter Mühleck, die Augen geschlossen und dachte sich wohl gerade das Gedicht "Am Walde" aus, woraus Gertrud Zelinsky zitierte: "Und wenn die feinen Leute nur erst dächten, Wie schön Poeten ihre Zeit verschwenden, Sie würden mich zuletzt noch gar beneiden. Denn des Sonetts gedrängte Kränze flechten Sich wie von selber unter meinen Händen, Indes die Augen in der Ferne weiden."

Eine gerade aufblühende Heckenrose bot den Aufhänger für "Das Mädchen im Mai", nur bei dem Gedicht "Zitronenfalter im April" gaugelte der Schmetterling nicht zufällig um die Zuhörer.

Am Ausgangspunkt zurückinterpretierte Peter Mühleck das Gedicht über die Bergkirche als Lobpreisung der Gottesmutter Maria, die Mörike im Gedicht über die Bergkirche als Geschenk für seinen Freund Hartlaub, dem protestantischen Pfarrer, sinnig hinter den Versen über den filigranen Treppenaufgang versteckt. Ergriffen lauschten die Teilnehmer dem "Wohllaut der Orgeltöne", die Karin Hermann aus Laudenbach zur Freude aller erklingen ließ.

Überraschenderweise lud Pfarrer Burkhard Keck aus Laudenbach die Spaziergänger zu einer kleinen Ansprache und zur Besichtigung in die Kirche ein, bevor dieser denkwürdige und alle Sinne ansprechende Sonntagnachmittag in der Berggaststätte seinen Abschluss fand. . . "Musik der hundertfachen Flöte, Die mit dem letzten Strahl verschwebt, Und schweigt - bis sie die Morgenröte, Des gleichen Tages neu belebt" (aus "Bei der Marien-Bergkirche von Eduard Mörike, 1804 bis 1875).

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