Bad Mergentheim. Der im Oktober 2018 gegründete Verein „Stolpersteine Bad Mergentheim e.V.“ gedenkt am 4. April ab 14 Uhr fünf Opfern des Nationalsozialismus in Bad Mergentheim. Vor den Gebäuden in der Burgstraße 22 und Kapuzinerstraße 14 wird der Künstler Gunter Demnig die ersten Stolpersteine auf städtischem Grund verlegen.
Dass in Bad Mergentheim Stolpersteine verlegt werden können, wurde durch einen Gemeinderatsbeschluss im Juni 2018 möglich. Der daraufhin gegründete gemeinnützige Verein „Stolpersteine Bad Mergentheim e.V.“ hat sich zum Ziel gesetzt, an die Verfolgten und Ermordeten der Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern und gleichzeitig der Völkerverständigung zu dienen. Ein Mittel der Erinnerung sind die von Gunter Demnig geschaffenen Stolpersteine, die in mittlerweile 23 Ländern an mehr als 70 000 Opfer erinnern und den Passanten geistig stolpern lassen wollen, damit er innehält und der Opfer gedenkt.
In dem Gebäude in der Burgstraße 22 betrieb einst die Familie Furchheimer ein Bekleidungsgeschäft. Nachdem dieses – wie viele andere auch – bereits am 1. April 1933 boykottiert wurde, erlebte die Familie in der Reichspogromnacht im November 1938 direkte körperliche Gewalt. Der Sohn der Familie, Sigmund Furchheimer, wurde wegen so genannter Rassenschande angeklagt und konnte nach Italien fliehen, wo er den Krieg überlebte. Die Eltern Emanuel und Fanny Furchheimer wurden am 1. September 1942 im Alter von 80 Jahren nach Theresienstadt deportiert und dort noch im gleichen Monat ermordet.
Ein ähnliches Schicksal widerfuhr den Eheleuten Igersheimer, die in der Kapuzinerstraße 14 ein Geschäft für Schuhwaren und Herren- und Knabenkonfektion führten. Fanny (geboren 1889) und Sigmund Igersheimer (geboren 1880) wurden im Jahr 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet. Die Familie Igersheimer lebte bereits in vierten Generation in Bad Mergentheim.
Das Schicksal dieser und weiterer jüdischer Mitbürger wurde von Schülern einer elften Klasse des Wirtschaftsgymnasiums der Kaufmännischen Schule aufgearbeitet.
In der Kurstadt lebten bis zum Beginn der Judenverfolgung über 200 Juden. Zahlreichen gelang unter Zurücklassung von Hab und Gut die Flucht, viele aber verloren zunächst ihre Würde und dann ihr Leben. Ziel des Vereins ist es, für ehemalige jüdische Mitbürger und andere Opfer des NS-Regimes an ihrem letzten Wohnort einen Stolperstein zu verlegen. Spenden oder die Übernahme der Patenschaft für einen Stolperstein sind dem Verein willkommen. Aufgrund der Gemeinnützigkeit können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden. Die Kontakt-E-Mailadresse des Vereins lautet: Stolpersteine-Mergentheim@gmx.de.
Zur Veranstaltung am Donnerstag, 4. April, 14 Uhr, Burgstraße 22, bei der Schüler des Wirtschaftsgymnasiums über die Opfer informieren werden, sind alle Interessierten willkommen. Schüler des Deutschorden-Gymnasiums werden die Feier musikalisch umrahmen. rh
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