Leserbrief - Zu dem Artikel "Die Landschaft wird sich stark verändern" (FN, 16. Juni)

"Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur"

Von 
Cornelia Euler (Hirschlanden)
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Da ich als Einwohnerin von Hirschlanden an der Informationsveranstaltung zum Planungsstand "Windkraft in Hirschlanden" letzte Woche leider nicht teilnehmen konnte, möchte ich nun auf diesem Wege meine Meinung zum Thema und der Veranstaltung zum Ausdruck bringen.

Wegen der nächste Woche anstehenden überregionalen Begehung im Rahmen des Projektes "Mehrgenerationendorf Hirschlanden" herrscht aktuell rege Betriebsamkeit im Dorf:

Bordsteine werden abgesenkt, der Spielplatz wurde erneuert, Insektenhotels und Sitzbänke wurden aufgestellt, Dorfshirts beschafft, Fahr- und Einkaufsdienste und ein monatlicher Mittagstisch für Senioren installiert, generationsübergreifende Aktionen im Kindergarten initiiert...

Hut ab vor so viel Ehrenamt und Engagement zur Verbesserung der Standortfaktoren für Hirschlanden als Wohnort für Generationen!

Und parallel der Beschluss der Räte der Gemeinde und Ortschaft für drei zusätzliche Windräder. Für mich macht dieser Beschluss alle oben aufgezeigte Mühe für das Mehrgenerationendorf zunichte. Ein Schlag vor den Bug aller, die sich mit Überzeugung und Herzblut einbringen - schade!

Warum entscheidet man sich, in einem Dorf wie Hirschlanden zu leben - einem typischen Dorf des Neckar-Odenwald-Kreises - wenn man ehrlich zu sich selbst ist, nahezu ohne jegliche Infrastruktur? Es ist in erster Linie die Natur und Idylle in und um eine überschaubare Gemeinschaft mit realisierbarem Wohneigentum als Altersvorsorge.

Und diesen Hauptstandortfaktor Natur hat man so nebenbei einfach mal beschlossen, teilweise zu vernichten: Es sollen zwei Hektar Wald gerodet werden.

Wald ist nicht nur Holz oder Brennwert, sondern ein über Generationen gewachsenes landschaftliches Öko-System. Als Ausgleich soll ein bisschen aufgeforstet werden - und knapp 100 000 Euro an einen Naturausgleichsfonds gezahlt werden.

Und die Welt ist wieder in Ordnung... Aber sicher nicht mehr in Hirschlanden und den angrenzenden Ortschaften, für die man auch mitbeschlossen hat, dass sie dies auszuhalten haben.

Zum Glück führte an den Heeresfliegern Niederstetten im Gegensatz zu Tieren und Pflanzen kein Gutachten vorbei, sonst hätte man noch mehr Windräder beschlossen.

Um den Gegenwind aus den Segeln zu nehmen, wird festgestellt:

"Die Landschaft wird sich stark verändern, aber die Gesetzeslage ist eindeutig, ein Kampf gegen Windmühlen lohne sich nicht. Und es ist noch nicht bewiesen, dass Infraschall dem Menschen schadet..." Es ist aber auch nicht das Gegenteil bewiesen.

Nicht ohne Grund haben die Dänen sehr viele Windkraftprojekte auf Eis gelegt. Nachdenklich macht auch der wahrscheinliche Werteverfall der bestehenden und zukünftigen Immobilien im "Schatten der Windräder".

Ich bin nicht gegen Windkraft. Aber am geplanten Standort macht es wirtschaftlich, ökologisch und energiebilanziell keinen Sinn.

Leider sind die drei geplanten Windräder ein weiteres Beispiel für die Durchsetzung materieller Interessen Einzelner:

Die Windkraftfirma verfolgt Gewinnmaximierung, die Eigentümer der benötigten Flächen für die Windkraftanlagen werden hohe Vergütungen erzielen.

Für die meisten, die Einwohner von Hirschlanden und Umgebung, werden willentlich ihre sehr mageren Standortfaktoren weiter abgebaut.

Ich bezweifle sehr, dass sich jemand zukünftig bewusst entscheidet, im Schatten von Windrädern zu leben, wenn sich ihm lebenswerte dörfliche Alternativen bieten.

Alle bisher neu geschaffenen dörflichen Angebote in Hirschlanden mit dem Hauptziel Zuwanderung und Bleiben junger Familien mit Kindern - insbesondere für den Erhalt von Kindergarten und Grundschule - werden in diesem Schatten verblassen.

Der Kampf gegen die Windräder lohnt sich für eine Landschaft mit Zukunft für viele Generationen. Ich werde zu denen gehören, die hierfür ihr Möglichstes versuchen werden und freue mich auf weitere Mitstreiter.

Die Natur braucht uns nicht - aber wir brauchen die Natur.

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