Als die Hoffenheimer nach fünf Minuten Spielzeit immer noch kein Tor geschossen hatten, da sagte ein Zuschauer etwas sarkastisch: "Die werden doch heute nicht schon wieder verlieren." Nein, das tat der Bundesligist dann doch nicht: Mit 13:2 gewann die TSG das gestrige Benefizspiel beim SV Großeicholzheim. Doch wie hatte der Stadionsprecher bereits vor dem Anpfiff gesagt: "Heute steht nicht der sportliche Wert im Vordergrund."
Dies tat er wirklich nicht, wenngleich man den Hoffenheimern zumindest zwischenzeitlich anmerkte, dass sie nach ihrem miserablen Saisonstart doch wieder irgendwie Spaß am Kicken gefunden hatten. Trotzdem: Im Mittelpunkt dieser Begegnung stand Johannes Galm, der 19-Jährige, der seit einem Badeunfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzen muss. "Wir haben uns riesig gefreut, als im Juni die Zusage für dieses Spiel kam", sagte Thomas Kegelmann, Vorsitzender des SV Großeicholzheim. Fast kein Tag verging seitdem, in dem sich nicht irgendein Vereinsmitglied mit diesem Benefizspiel beschäftigt hatte. Ja mehr noch. Gestern war quasi der ganze Ort auf den Beinen, die übrigen Vereine Großeicholzheims halfen kräftig zum Gelingen mit.
Und gelungen war die Veranstaltung allemal: Es kamen 2550 Zuschauer, und wenn alles abgerechnet ist, werden etwa 50 000 Euro an Spendengelder zusammengekommen sein. Diese nutzt die Familie von Johannes, um das Haus behindertengerecht umzubauen. Klar, dass der Mutter der Hauptperson auch das eine oder andere Tränchen der Rührung über die Wangen lief, vor allem als sich Markus Babbel die Zeit nahm, um mit Johannes Galm ein paar Worte zu wechseln. Der TSG-Trainer selbst weiß, wie es sich anfühlt, im Rollstuhl zu sitzen. Während seiner aktiven Laufbahn war er nämlich am Guillain-Barré-Syndrom erkrankt, das ihn ebenfalls in den Rollstuhl zwang.
Nicht den Ligaalltag vergessen
Bei all diesen Vorbereitungen auf das Spiel liefen die Präparationen für die Kreisliga-Saison. "Vor allem diese Woche war sehr anstrengend. Wir hatten am Mittwoch ein Spiel, heute und am Sonntag geht es nach Heidersbach", sagte Thorsten Konrad mit einem Schmunzeln im Gesicht. Vor allem Ralf Zilling wird beim nächsten Auswärtsspiel auf Wolke sieben auf den Platz schweben, gelang es dem Kicker der achten Liga doch, dem Ex-Nationaltorhüter Tim Wiese einen reinzuhauen. "Das war ein geiles Gefühl."
Tim Wiese indes fand es gar nicht lustig, musste er sich doch nach den diversen Pleiten zum Saisonauftakt fragen lassen, ob er in der Schießbude der Liga steht. Wahrlich werden die zwei Gegentore die Lust des Trainers auf eine zünftige Feier nicht gerade gesteigert haben. Markus Babbel wird heute 40 Jahre alt und rauschte nachts noch nach München, um den Ehrentag dort im Kreise seiner Familie zu verbringen.
Erstmals spielten bei Hoffenheim Chris und Joselu 90 Minuten durch. Dies ist ein Aspekt für die eingefleischten Hoffe-Fans. Doch der interessierte gestern wirklich nur am Rande. Denn es gab eine ichtigere Erkenntnis: Das Benefizspiel hat seinen Zweck voll erfüllt, vielleicht sogar mehr als das.
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