Walldürn. Schuldenabbau und Haushaltskonsolidierung bleiben in Walldürn wichtige Ziele, allerdings wird man bei der Entschuldung 2016 und 2017 eine Pause einlegen, so Bürgermeister Markus Günther.
Geschuldet ist diese Pause der Systematik des Finanzausgleichs. Der trifft die Stadt in diesem Jahr - das machten Bürgermeister Markus Günther und Kämmerer Arnold Hammerich deutlich. Der Haushalt sei vor allem durch zwei Faktoren geprägt, so Hammerich. Einmal durch die Systematik des Finanzausgleichs und zweitens durch das große Investitionsprogramm. Der Bürgermeister hielt am Montag in der Sitzung des Gemeinderates im Haus der offenen Tür seine Haushaltsrede zum aktuellen Zahlenwerk.
Hohe Steuerkraft
Besonders hart werde es deshalb, so Bürgermeister Günther, weil die Gewerbesteuereinnahmen 2014 mit rund 16,8 Millionen Euro außerordentlich hoch waren, was nun zeitversetzt zu einer besonders hohen Steuerkraftmesszahl führe. Bei der Stadt Walldürn liege diese Zahl im Allgemeinen bei etwa sieben bis acht Millionen Euro. Im Haushaltsjahr 2016 liegt sie bei über 15,532 Millionen. Demgegenüber stehe eine Bedarfsmesszahl von "lediglich" rund 14,996 Millionen. "Da die Steuerkraftmesszahl über dem fiktiven Bedarf, ausgedrückt durch die Bedarfsmesszahl, liegt, sind keine Schlüsselzuweisungen zu erwarten. Dies bedeutet einen Einnahmeausfall von fast fünf Millionen Euro, die uns 2016 an allen Ecken und Enden fehlen. Zudem fallen die zu leistenden Umlagen wie die Finanzausgleichsumlage sowie die Kreisumlage noch höher als in den Vorjahren aus."
Ziele bleiben erhalten
Die Ziele Schuldenabbau und Haushaltskonsolidierung bleiben langfristig erhalten. Zu der Pause 2016 und 2017 sei man aber aufgrund der Haushaltsarithmetik gezwungen. "2014 und 2015 waren haushaltstechnisch zu gut und die notwendigen Investitionen zu hoch, als dass für 2016 und 2017 Luft für weitere Haushaltskonsolidierung geblieben wäre. Wir haben durch Rücklagenbildung vorgebaut, damit uns die Haushaltslage 2016 und 2017 nicht vollständig auf die Füße fällt."
Der Bürgermeister nannte in der Folge einige Vorhaben und Projekte, die in diesem Jahr auf dem Plan stehen. Etwa den Neubau eines Altenpflegeheims am Geriatriezentrum. Gesetzliche Erfordernisse werden wohl eine Neuausrichtung des Geriatriezentrums notwendig machen. Die damit verbundenen Baumaßnahmen könnten nur über Darlehen finanziert werden.
Neubau geplant
"Der Gemeinderat hat sich entschieden, die Einzelzimmerverpflichung der Landesheimbauverordnung durch einen Neubau umzusetzen, damit unser Geriatriezentrum langfristig wirtschaftlich bleibt." Die Planungen und Vorbereitungen laufen derzeit.
Oder die Sanierung der Turnhalle in der Keimstraße. Die Sanierung der Turnhalle, die von Anfang des letzten Jahrhunderts stammt, sei dringend geboten. Neben dem genannten Ausgleichstockantrag hoffe man auf eine Sonderförderung aus dem Sonderprogramm des Bundes.
Zuführung nicht realisierbar
Die Zuführung an den Vermögenshaushalt spiegele in aller Regel die Finanzkraft eines Haushalts wider. Soweit allerdings aufgrund der Systematik des Finanzausgleichs enorm hohe Umlagen zu bezahlen sind und gleichzeitig die Schlüsselzuweisung entfällt, könne die Finanzkraft nicht so einfach anhand einer Kennzahl allein beurteilt werden. "Aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen 2014 und damit einhergehend der hohen Steuerkraft in 2016, fehlen im Haushalt des Jahres 2016 über zehn Millionen Euro. Unter diesen Rahmenbedingungen ist eine Zuführung an den Vermögenshaushalt nicht realisierbar. Im Haushaltsplan ist daher zum Ausgleich des Einnahmedefizits des Verwaltungshaushalts eine Negativzuführung von 8,816 Millionen Euro veranschlagt", so der Bürgermeister.
Das Investitionsprogramm solle zu einem Teil über Darlehen finanziert werden. Eine vollständige Finanzierung über Mittel der Rücklage scheide aus, da diese bereits 2017 unterhalb der Mindestrücklage liegen wird.
Eine Darlehensaufnahme von 1,5 Millionen Euro führe bei einer Darlehenstilgung von rund 1,024 Millionen zu einer Nettoneuverschuldung von 477 138 Euro.
"Neuverschuldung vertretbar"
"Die Neuverschuldung ist allerdings vertretbar, da mit diesem Geld die weitere Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf die LED-Technik finanziert werden soll. Die Umrüstungsmaßnahme verspricht eine Amortisationszeit von circa fünf Jahren", so Bürgermeister Günther weiter.
Nach der Haushaltsrede und den den Stellungnahmen der Sprecher der Fraktionen und Gruppierungen (weitere Bericht folgt in der Donnerstagausgabe) verabschiedete der Gemeinderat den Haushalt 2016 einstimmig.
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Zahlen zum Haushalt 2016:
- Der Haushalt hat ein Gesamtvolumen von 53,536 Millionen Euro. Der Verwaltungshaushalt erhöht sich gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent auf 35,104 Millionen Euro.
 - Aufgrund der fehlenden Zuweisungen im Finanzausgleich und der erhöhten Umlagen wird im Verwaltungshaushalt ein Fehlbetrag von 8,8 Millionen Euro erwartet, welcher durch eine Negativzuführung vom Vermögenhaushalt auszugleichen ist.
 - Hinzu kommen überdurchschnittlich hohe Bauausgaben. Diese liegen mit circa 7,6 Millionen Euro um etwa drei Millionen über den durchschnittlichen Bauausgaben der Vorjahre.
 - Der Vermögenshaushalt liegt mit 18,536 Millionen Euro um rund 68 Prozent höher als im Vorjahr. Die Volumenzunahme ist verursacht durch die Rücklagenentnahme von über 12,23 Millionen Euro.
 - Größte Einnahmequelle des Vermögenshaushalts 2016 sind die Entnahme aus der Rücklage mit 12,23 Millionen, Zuweisungen und Zuschüsse mit 3,55 Millionen Euro und eine Kreditaufnahme von 1,5 Millionen Euro.
 - Bei der Gewerbesteuer stehen Einnahmen von rund vier Millionen Euro im Ansatz.
 - Große Maßnahmen sind die Flurbereinigung in Wettersdorf (230 350 Euro), die Erschließung Gütleinsäcker III in Altheim (240 000), die Löschwassereinrichtungen in der Kernstadt (500 000), die Übernahme der Abwasserbeseitigung im Verbandsindustriepark (1,22 Millionen Euro), die Erweiterung und Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED Technik (631 000) und Sanierungs- und Neubaumaßnahmen am Kindergarten St. Marien (688 000).
 - Förderanträge aus dem Gemeindeausgleichstock werden gestellt für den Abbruch und Neubau der Turnhalle Keimstraße Abbruch und Neubau (Kostenschätzung 3,353 Millionen Euro), die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik (596 000 Euro), Anbau und Sanierung Kindergarten St. Marien (Schätzung 1,496 Millionen) und die Löschwassereinrichtungen "Lindig" (220 000 Euro).
 - Deutlich niedriger als im Vorjahr sind die veranschlagten Zinsausgaben. Nach 653 700 Euro im Vorjahr sinken die Ausgaben 2016 auf 550 440 Euro.
 - Nach rund 3,767 Millionen Euro im Vorjahr wird die Kreisumlage auf circa 6,828 Millionen steigen.
 - Zum Jahresende 2016 wird ein Schuldenstand von rund 17,266 Millionen Euro erwartet. Bei 11 326 Einwohnern erreicht die Pro-Kopf-Verschuldung damit Ende 2016 einen Stand von 1524 Euro. mar
 
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