Dertingen. In der Mandelberghalle in Dertingen duftet es nach Essen. Im Foyer ist ein Buffet aufgebaut. Verschiedene Salate in bunten Schüsseln, leckere Desserts, Fladenbrot in einem großen Korb und als Hauptgericht wird Gulasch mit Nudeln angeboten.
Die "Dorfkickers Mainschleife" haben syrische Flüchtlingsfamilien, die auf dem Reinhardshof in Wertheim untergebracht sind, am Sonntag zum Brunch eingeladen. Alle - Gäste und Gastgeber - tragen ein Klebe-Etikett mit ihrem Vornamen. Die Kinder spielen in gemischten Mannschaften Fußball. Jeder Betrachter sieht sofort, mit welcher Freude dem runden Leder hinterher gejagt wird.
Bei Reinhard Müller laufen die Fäden zusammen. Er ist an diesem Tag so etwas wie ein Schiedsrichter, teilt die Mannschaften ein und legt auch die Pausenzeiten fest. Dann sitzen seine Fußballer aus der D-Jugend zusammen mit etwa altersgleichen syrischen Flüchtlingskindern am Tisch und lassen sich die in der Mehrzahl gespendeten Speisen schmecken. Die Eltern der Dorfkicker haben nicht nur gekocht und gebacken, sondern waren teilweise auch als freiwillige Helfer vor Ort und haben bei Auf- und Abbau und der Bewirtung geholfen. Wer Fußball spielt, hat auch Durst, sämtliche Getränke wurden vom SV Dertingen zur Verfügung gestellt.
Reinhard Müller ist sichtlich zufrieden. "Kommunikation ist das Wichtigste", unterstreicht er seine Beweggründe. Rund 50 Syrer mit ihren Kindern und etwa genauso viele Dorfkicker aus "Wertheim-Ost" mit ihren Eltern spielen, essen und reden miteinander.
Letzteres gestaltet sich nicht ganz einfach, aber mit einem freundlichen Lächeln kommt man hier in den meisten Fällen weiter. Die Stimmung in der Mandelberghalle ist gut, hier hat neben dem verbindenden Gedanken des Sports die alte Redensart gegriffen: "Wenn du möchtest, dass Menschen miteinander an einem Tisch sitzen, dann stell etwas zu Essen drauf." Die "Dorfkickers Mainschleife" sind ein Jugendfußball-Verein, der sich zusammen mit den Eltern der Spieler ausnahmslos für den Jugendfußball engagiert. Im Verein haben sich in "Wertheim-Ost" seit 2010 die Jugendabteilungen aus den "Muttervereinen" der Dörfer Bettingen, Dertingen, Höhefeld, Kembach und Urphar/Lindelbach zusammengeschlossen. Bei den Dorfkickers spielen rund 150 Kinder und Jugendliche Fußball.
"Rote Karte gegen Rassismus" steht ganz groß in der Absichtserklärung der Dorfkicker. Fair Play, Respekt und Toleranz sind die wesentlichen Grundlagen des Fußballsports. Die "Dorfkickers Mainschleife" bekennen sich ohne Vorbehalt zu diesen Grundsätzen und lehnen Gewalt jeglicher Art, Diskriminierung und auch Rassismus strikt ab.
Viel Herzblut
Das steht nicht nur in einer Erklärung der Dorfkicker, sondern wie man in Dertingen erleben durfte, wird dies auch gelebt. Freude hatten dabei natürlich die jungen Fußballfreunde, aber genauso wichtig war auch das offene und freundliche aufeinander zugehen der Eltern am Rand der sportlichen Begegnung. Wer am Rand des Spielfeldes in Dertingen dabei war, gesehen und gespürt hat, mit wie viel Herzblut und Leidenschaft die Kinder miteinander gespielt und gegessen haben, der hat auch verstanden, wo und wie Integration funktionieren kann.
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