Tauberbischofsheim. Selten war ein Abschiedsapplaus für einen scheidenden Kaplan länger als am Samstag in der Stadtkirche St. Martin: Viele waren gekommen, um mit Kaplan Bernd Gehrke noch einmal Eucharistie zu feiern, darunter auch die Band "Junge Kirche", der Kinder- und Jugendchor Mini-Maxis, Katja Hammerich an der Harfe, der Kirchenchor und der Offene Singtreff, die den Gottesdienst mitgestalteten. Schon beim feierlichen Einzug fiel die große Zahl Ministranten mit den Priestern des Seelsorgeteams Dekan Gerhard Hauk und Kooperator Pater Kasimir Fieden mit den Priesterpensionären Pfarrer Robert Geiger und Pfarrer Josef Wöppel auf.
So merkte man es Bernd Gehrke auch schnell an, dass das Taubertal in diesen drei Jahren zu seiner Heimat wurde, dennoch steht nun die nächste Station in Offenburg an. Bei diesem Gottesdienst wollte er keine Predigt und keine Dankesrede halten aber drei "Schlaglichter" mit auf den Weg geben:
Zum einen griff er die Frage einer Wochenzeitung auf: "Wer ist Dein Held", die Jesus von Nazareth in den Mittelpunkt stellte. Er, Bernd Gehrke, habe viele Menschen hier erlebt, die große Taten vollbracht haben und sich mit aller Kraft für das Evangelium einsetzten. Aber er denke auch an die vielen Familien, bei denen er Kinder getauft habe, das Ehesakrament gespendet habe, die er schon lange nicht mehr gesehen habe. Das ließe ihn nicht kalt. Schließlich sei er von Anfang an abhängig vom Mittun Vieler. "Wir sind Kirche von 2013, nicht von 1970" und das heiße, gemeinsam Kirche Gottes zu leben, nicht mehr aber auch nicht weniger. Alle Menschen dieser acht Gemeinden waren ihm Heimat geworden, das machte er an Beispielen deutlich.
Zum Zweiten griff er ein Zitat von Lothar Zenetti auf, bei dem die Christen auf die Frage, was das wichtigste der Messe sei, die Wandlung herausheben. Aber: wer lasse sich gerne wandeln? Er selbst habe sich in den drei Jahren verändert: anfangs alles das erste Mal, Trauergespräche, die Spuren hinterlassen, Situationen, wo nicht mehr an Schlaf zu denken sei. Grenzerfahrungen, Menschen zu beerdigen, die jünger sind als man selbst, Umzug in das Haus der Seelsorgeeinheit, Veränderungen im Seelsorgeteam.
Bei dritten Aspekt stellte er das Glaubensbekenntnis in den Mittelpunkt: "Ich glaube an die eine heilige katholische Kirche": Katholisch heiße, in Vielfalt zu leben. Er respektiere die vielen Richtungen in der Kirche, ob Herz-Jesu-Gebetsgemeinde oder moderne Formen von Gottesdien-sten. Er warb für das Verständnis füreinander und für die eine Gemeinschaft des Glaubens.
Spuren hinterlassen
Dekan Gerhard Hauk machte deutlich, dass es aufgrund des akuten Priestermangels zahlreiche Kaplansstellen gestrichen wurden. Neue Kapläne in Tauberbischofsheim hätten das Gemeindeleben immer wieder bereichert. Bernd Gehrke habe man in diesen drei Jahren als "Geschenk Gottes" erleben dürfen. Dies meine er ganz persönlich, spreche aber auch im Namen vieler Menschen dieser Seelsorgeeinheit. Man habe ihn erlebt als jemand, der erst nachdenkt und dann redet, als einen Priester, der nicht abgehoben daherkomme und gerade deswegen immer mitten unter den Menschen zu finden war.
Viele hätten ihm von den herausragenden Predigten erzählt, von theologischen Gedanken, von einzelnen Sätzen, so dass er es mehr als bedaure, so wenig die gegenseitigen Predigten mitverfolgen zu können. Er habe Spuren hinterlassen in Predigten, in Beichtgesprächen, in der Art und Weise, wie er Menschen begegnet ist. Er sei vielen Menschen nahe gewesen, auch den Schülern im Religionsunterricht, den Ministranten in den Leiterrunden oder Menschen, die in Krankheit und Not Hilfe brauchten. Man habe ihn erlebt als jemand, der seine persönliche Berufung lebt und dies in demütiger und damit einladender Bescheidenheit.
Er wünsche ihm, dieses Vertrauen auf seine Berufung: Grenzen und Schwächen nicht auszublenden, aber im großem Selbstbewusstsein daran glauben, dass er nicht als Kirchenfunktionär unterwegs sei, sondern als von Gott gerufener und berufener Mensch.
Er werde "seine Zelte" nun in Offenburg aufschlagen und schmunzelnd meinte er, dass ja alle wissen, wo Offenburg liege: Richtung Freiburg und Richtung Rom . . .
Aber man habe ihn nicht erlebt als einer, der ein möglichst hohes Amt bekleiden wolle, sondern einer, der Nähe bei den Menschen sein wolle. Diesen wertvollen Wesenszug wünsche er, dass er daran festhalten solle. Er überreichte als gemeinsames Geschenk der Gemeinden der Seelsorgeeinheit und zahlreicher Einzelpersonen zusammen mit der Vorsitzenden des Gemeinsamen Ausschusses, Birgit Frei, einen Beamer, den er sich gewünscht hatte. Schmunzelnd übergab er noch einen Gutschein für das neue Gotteslob, den er aber hier vor Ort einlösen müsse.
Initiator, Mentor und Begleiter
Birgit Frei stellte die vielfältigen Aufgabenbereiche heraus und würdigte seinen Schwerpunkt in der Jugend- und Ministrantenarbeit als Initiator, Motor, Mentor und Begleiter. Er habe die seltene Gabe, auf alle zugehen zu können, egal wie alt, in welchem Umfeld oder in welcher Gruppierung oder um welches Anliegen es ging. Er habe auch über den Tellerrand hinausgeschaut und die Jugendlichen im Dekanat unterstützt. Seine Beiträge in den Pfarrgemeinderatssitzungen oder in Treffen der Gemeinschaften waren gerne aufgenommen worden. Auch sie würdigte die Predigten, mit denen das Evangelium näher gebracht und der Bogen in die heutige Zeit geschlagen wurde. Man habe immer etwas davon mit nach Hause nehmen können.
Da ein Umzug immer auch zusätzlichen Stress und wenig Zeit für Einkäufe mit sich bringe, überreichte sie ihm ein "Überlebenspaket". verbunden mit dem Wunsch, Tauberbischofsheim in guter Erinnerung zu behalten. Der sehr gut besuchte Gottesdienst, die vielfältige, moderne Liedauswahl sorgten nach den Dankesworten von Kaplan Bernd Gehrke nochmals für einen überwältigen stehenden Applaus. Bk
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