Bad Mergentheim. Mit Freiherr Enoch zu Guttenberg präsentierte die Bürgerinitiative "Windwahn - Nein danke!" am vergangenen Donnerstagabend im mit mehreren Hundert Besuchern sehr gut besuchten Dorfgemeinschaftshaus in Neunkirchen einen sehr prominenten Referenten unter dem Motto: "Besitzt unsere Landschaft und Natur in unserer profitorientierten Gesellschaft noch einen Eigenwert?"
Bevor die Vielzahl an Zuhörern den Ausführungen des Umwelt- und Naturschutzaktivisten Guttenberg sowie seiner Sichtweise von Windkraftanlagen folgen konnte, bedurfte es Geduld: Bei der seit rund einem Jahr besonders kontrovers und hitzig geführten Brisanz dieser Thematiken gab es einige Reihe von Vorrednern, die mit Grußworten und Initialstatements Stellung dazu nehmen wollten.
Ziel der Initiative sei unter anderem die Verhinderung eines ungezügelten Ausverkaufs der heimatlichen natürlichen Landschaft im Lochbachtal rund um Apfelbach und die Gemarkung Althausen sowie die Verhinderung von deren Gefährdung durch Windenergieanlagen, betonte Bertram März von der Initiative "Windwahn - Nein danke".
"Das Thema Windkraft polarisiert unsere Gesellschaft, weil von der Politik eine Entwicklung eingeleitet wurde, die nur entweder Sieger oder Verlierer hat", hob Initiativen-Sprecher Klaus Ulmrich hervor, der zugleich die Devise "Natur vor Profit" unterstrich. Dass der seit rund einem Jahr im Raum Bad Mergentheim geführte Kampf von Mensch und Natur gegen den Profit ein "Kampf gegen Windmühlen" sei, berichtete Franz Adam, ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative und Mitinitiator der Veranstaltung. Im Speziellen monierte er die fehlende Rückendeckung durch die regionale Politik und Verwaltung, die sich an diesem Abend auch darin zeige, dass trotz Einladungen weder der Oberbürgermeister noch der Landrat sowie kein Landtags- oder Bundestagsabgeordneter der Region zu der Veranstaltung erschienen seien und auch nicht abgesagt hätten. "Die politischen Verantwortlichen weigern sich, die Realität zu sehen", übte Adam harsche Kritik.
Für eine "intelligente" Regenerative Energieerzeugung vor allem durch Biomasse und Wasserkraft plädierte der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Hohenlohekreis, Wolfgang Freiherr von Stetten, da die auf diese Weise gewonnene Energie bedarfsgerecht eingespeist werden könne. Auf dem Markt der Windkraft "tummeln sich Gangster, es wird gelogen, betrogen und bestochen", meinte von Stetten mit ebenfalls deutlichen Worten. Dass die vorgesehene Projektierung und Umsetzung von landesweit 1200 Windkraftanlagen eine sehr bedeutende planerische Aufgabe sei, erklärte Thomas Maertens, Bürgermeister der Stadt Lauda-Königshofen, der in seiner Rolle als Kreisrat Gast der Veranstaltung war. Hierzu zähle vor allem ein rechtssicherer kommunaler Flächennutzungsplan, damit nicht jeder Investor freie Hand bei der Standortwahl für eine Windkraftanlage (WKA) habe. "Ich bin entschieden gegen eine jegliche Überformung der Landschaft durch die Windenergie", hob Maertens hervor.
Nach rund 70 Minuten mit Einführungen war es dann soweit, dass Guttenberg seine leidenschaftlichen und umfangreichen Ausführungen beginnen konnte. "Gegenwärtig stehen wir vor einer gänzlich neuen, kritischen und fast schon absurden Situation, dass ganz heillos zynisch und verblendet, ausgerechnet jene wackeren Gutmenschen, die uns vor der Klimakatastrophe, dem atomaren Super-Gau oder der Vergeudung der letzten verbliebenen Ressourcen retten wollen, nun stattdessen unsere letzten menschlichen, natürlichen, nicht urbanisierten Lebensräume in monströse Industriegebiete verwandeln. Und die nicht nur ganze Wälder, sondern ganze Horizonte mit Ihren Windkraftanlagen zerstören wollen", übte er heftige Kritik am Raubbau an Natur und Landschaft durch Windkraft, an Profitgier sowie an verfehlter Umwelt- und Naturschutzpolitik in Vergangenheit und Gegenwart.
Harsch kritisierte Guttenberg unter anderem auch die sprachliche Semantik, mit der Argumente für WKA oder andere Energieprojekte manipulierend ummantelt würden, etwa wenn von "Parks" gesprochen werde. Dazu zählten auch diejenigen, die "ökologischen Strom" ausgerechnet aus "gigantischen Vogelmord-Maschinen" gewinnen wollten.
"Die Ideologen der Windkraft spielen hier in der Champions-League", meinte er. Es sei daher höchste Zeit, "den Feldzug der grünen Volksbeglücker und ihrer Handlanger in Parteien, Behörden, kommunalen Gremien und Verbänden gegen die Natur zu stoppen".
"Es ist an der Zeit, dort erbittert zu widerstehen, wo die Grundrechte von unser aller Leben durch Verblendung und Profitgier bedroht sind - sowie aus unserer missbrauchten und geschunden Heimat endlich wieder eine echte Demokratie zu machen", appellierte Guttenberg abschließend.
Am Rande der Vortragsveranstaltung demonstrierten Mitglieder einer Bürgerinitiative aus Michelbach an der Bilz (Landkreis Schwäbisch Hall) mit Transparenten wie etwa "Energiewende: Ja! Ökologischer Raubbau: Nein!" oder "Wir fordern Effizienz und Nachhaltigkeit" gegen die Beeinträchtigung oder Zerstörung von Natur und Landschaft durch Windkraftanlagen. Darüber hinaus nutzten zahlreiche Besucher im Anschluss an seinen Vortrag die Gelegenheit zu einem individuellen Kurzgespräch mit Guttenberg.
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