Lieder im Schloss - Mark Knopfler gastierte vor rund 6500 Menschen in Bad Mergentheim / Nur zwei Songs von "Dire Straits" im Programm

Beschauliche Klanglandschaften

Von 
Harald Fingerhut
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Versunken in seinem Spiel: Mark Knopfler beweist beim Auftritt am Freitag im Bad Mergentheimer Schlosshof seine Extraklasse an der Gitarre.

© Harald Fingerhut

Es ist kurz vor 22 Uhr, als Mark Knopfler und seine siebenköpfige Begleitband auf die Zielgeraden der langen "Telegraph Road" einbiegen und endlich Gas geben. Begeistert nimmt das Publikum die Temposteigerung auf und geht dankbar mit. Zuvor hatte der Brite die rund 6500 Köpfe zählende Reisegruppe im Bad Mergentheimer Schlosshof auf einen zweistündigen, betulichen Trip durch seine beschaulichen Klanglandschaften mitgenommen. Dabei gibt's nur zwei Abstecher in alte "Dire Straits"-Gefilde. Je nach Geschmack und Alter kann man den musikalischen Vortrag in dieser lauen Sommernacht in die Kategorien relaxed oder verschnarcht einsortieren. Mark Knopfler trat in der Reihe "Lieder im Schloss" auf, die von den Fränkischen Nachrichten präsentiert wird.

Er sieht sich als Archivar alten Liedguts, war zu lesen. Archivare sind bekanntlich keine Spezies, die als Partylöwen oder ausgelassene Frohnaturen charakterisiert werden können. Sie gelten eher als gewissenhaft, sachlich und ordentlich, wobei sie durchaus Freude an ihrem Schaffen haben, in ihrer Arbeit regelrecht aufgehen. Genau diesen Eindruck macht Mark Knopfler an diesem Abend in der Kurstadt. Er und seine Mitstreiter haben durchaus Spaß am eigenen Tun und sie sind wahrlich Könner ihres Handwerks. So mancher Hobby-Gitarristen gerät ins Staunen. Mark Knopflers Stil ist so prägnant und einzigartig, dass seine Soli einen solch hohen Wiedererkennungswert haben, wie es sonst vielleicht nur noch bei Carlos Santana und Eric Clapton der Fall ist. Kein Wunder, dass im Schlosshof die Gitarre des Meisters stark in den Vordergrund gemischt ist.

Aber das virtuose Spiel Knopflers trägt das Konzert nicht den ganzen Abend und schon gar nicht bis in die hinteren Reihen im Publikum. Und schon wären wir wieder bei der Reisegruppe. Die Herrschaften, die nahe am Mann oder der Frau mit dem Schirm stehen, hören aufmerksam zu, die anderen beschäftigen sich schon mal mit was anderem. Im Schlosshof ruft der musikalische Vortrag vor allem im ersten Viertel Beifallsbekundungen hervor, während in den hinteren Reihen die Musik bei diversen anderen Tätigkeiten nicht besonders stört. Eine Leinwand hätte vielleicht auch dort für mehr Aufmerksamkeit gesorgt. So aber ist das Geschehen auf der Bühne kaum wahrzunehmen. Auch die Light-Show gehört eher in die Rubrik "nicht stattgefunden". So zahlt an diesem Abend mancher zwar nicht "Money for Nothing", aber doch viel Geld für wenig Service.

Eine neue "Dire Straits"- CD aufnehmen, will Mark Knopfler nicht mehr. Zu groß sei die Hypothek der einstigen Supergruppe. Die neuen Songs würden mit den einstigen Großtaten gemessen, so dass das Projekt schon von vornherein zum Scheitern verurteilt sei.

Das ist nachvollziehbar. Dass Mark Knopfler bis auf zwei Ausnahmen, die segensreichen "Dire Straits"-Zeiten scheut wie der Teufel das Weihwasser, ist schade und auch ärgerlich. Vor allem um die schnelleren Hits macht er einen weiten Bogen. Selbst "Sultans of Swing", das er beim Auftritt vor der Festung Marienburg noch gespielt hat, ist mittlerweile von der Setlist geflogen. "So far away" hat er in Bad Mergentheim durch "Going Home" ersetzt. Das haben aber einige schon nicht mehr mitbekommen.

Spätestens beim als erste Zugabe gereichten, unsäglichen Schlaflied "Our Shangri-La" wünscht man sich ins Jahr 1992 aufs Nürnberger Zeppelinfeld zurückversetzt. Damals waren die "Dire Straits" mit Schlagzeuger und Percussionist unterwegs und haben ordentlich Dampf gemacht. In Bad Mergentheim fehlt die einstige Power.

Dem Resümee "Es war schön" eines Fans nach dem Konzert kann man durchaus zustimmen. Es sind perfekte Klangbilder, die die Gehörgänge umschmeicheln. Das Spektrum reicht von der swingenden "Titanic Tea Time Band" bis zur peruanischen Flötengruppe in der Fußgängerzone. Aber: Bei aller Formvollendung, es ist nicht aufregend. Das Bild einer wild drauflosspielenden irischen Pub-Rock-Band fehlt. Das Publikum wäre bereit gewesen, auch wildere Klangspielereien aufzunehmen. Und seine Band hätte es auch locker drauf gehabt.

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