Künstlerischer Glanzpunkt - Kammerchor Bad Mergentheim führte mit der Vogtland Philharmonie und Solisten Mendelssohn-Bartholdys Oratorium "Elias" auf

Straffe Tempi und geballte rhythmische Energie

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Künstlerischer Glanzpunkt: Konzert in der Schlosskirche.

© Bauer

Der Kammerchor Bad Mergentheim hat mit seinen bisherigen Aufführungen unter der Leitung von Wolfgang Kurz schon mehrfach für künstlerische Glanzpunkte gesorgt, doch seine jüngste Vorstellung mit Mendelssohn-Bartholdys "Elias"-Oratorium in einer sehr gut besuchten Schlosskirche verdient einen besonderen Platz in dieser bemerkenswerten Geschichte: Das zeigte sich nicht zuletzt an den fünfminütigen stehenden Ovationen am Ende von gut zweieinviertel Stunden Aufführungsdauer, die für alle Beteiligten gleichermaßen eine sicherlich herausfordernde, aber zugleich eindringliche und lange nachwirkende Erfahrung gewesen sein dürfte.

Was der Kammerchor im Verein mit dem Kirchenchor St. Jakob Rothenburg, der hier ebenfalls nicht mehr unbekannten Vogtland Philharmonie, den Vokalist(inn)en der Würzburger Musikhochschule und vier exzellenten Gesangssolisten unter Wolfgang Kurz dabei auf die Beine gestellt hatten, war mehr als nur ein regionales Musikereignis und hätte sicher auch einem größeren Veranstaltungsort zur Ehre gereicht.

Der "Elias" von Felix Mendelssohn-Bartholdy, im Frühjahr 1847, ein halbes Jahr vor dem Tod seines Schöpfers in London zum ersten Mal aufgeführt, ist ja nicht nur ein inhaltlich sehr umfangreiches sondern auch ein in vieler Hinsicht dramatisches Werk: Es schildert die Auseinandersetzungen des eifernden Propheten mit seinem halsstarrigen Volk und dem fremden Götzen dienenden Königspaar swie - im zweiten Teil - auch dessen innere Kämpfe inmitten von Selbstzweifeln, Anfechtungen, dem Gefühl des Scheiterns und der Gottverlassenheit.

Und Wolfgang Kurz tat mit seinen vokalen und instrumentalen Mitstreitern sein Bestes, um diese äußere wie innere Dramatik in Klang und Gestus sinnfällig zu machen: Mit straffen Tempi und geballter rhythmischer Energie, einer enormen dynamischen Bandbreite, zugleich überlegt und souverän gehandhabt, und - namentlich in den Schlüsselszenen des Werks, Elias' Auseinandersetzung mit den Baalspriestern im ersten und der Königin im zweiten Teil, dem Regenwunder oder der Erscheinung Jahwes - einem ausgeprägten Sinn für hochdramatische Zuspitzungen und den Aufbau von intensiven Spannungsbögen, die sich auf ihrem Höhepunkt spektakulär und eruptiv entladen.

Eine wache, präzise und farbenprächtig agierende Vogtland Philharmonie (mit blitzsauberen Blechbläsereinsätzen) und ein hier ungewöhnlich geforderter Kammerchor, der bis zum Schluss immer noch über dynamische Reserven verfügte, aber bei Bedarf auch mit blühendem, beseelten Wohlklang aufwartete, so etwa in dem ruhevollen "Wohl dem, der den Herrn fürchtet". Sängerisch auf hohem Niveau bewegten sich auch die Mitglieder des Würzburger Vokalensembles, welche die eingestreuten, teilweise a-cappella zu singenden Ensemble-Kostbarkeiten des Oratoriums, das "Engelsterzett", das Doppelquartett des ersten oder die beiden Quartette des zweiten Teils mit großer Klangkultur und emotionalem Gehalt versahen, namentlich Bassist Deng Chao, Tenor Johannes Hillebrand-Brem, die Altistinnen Angelina Jungblut, Johanna Mott und Arum Lee und die junge Sopranistin Lida Dimitriadi, eine Stimme von großer Leuchtkraft und lyrischem Liebreiz, die an diesem Abend auch in mehreren kleinen Solorollen für ihre krankheitshalber verhinderte Kollegin Maja Hake einsprang und dabei auch die beiden Eingangsarien des zweiten Teils bravourös meisterte.

Kernig, mit ausdrucksvoller Emphase und guter Textverständlichkeit sang Tenor Sungwon Jin den Obadja und den Ahab. Die solistische Hauptarbeit bei dieser spektakulären "Elias"-Aufführung blieb freilich dem imponierenden Mezzosopran von Anna Haase, die für die verhinderte Maja Hake auch die Partie der Witwe und des Engels übernahm, und dem jugendlich schlanken und schlackenlosen, dabei sehr dunkel gefärbten Bass von Franz Xaver Schlecht in der Titelrolle vorbehalten. Letzterer verlieh dem Propheten im ersten Teil nicht nur die nötige Autorität, Erhabenheit und Zorneswürde sondern machte auch die seelische Verdüsterung des Elias bis hin zur abschließenden Gottesbegegnung "im Säuseln" glaubhaft. Haase versah ihre beiden Hauptrollen mit schneidender Intensität und nervöser Leidenschaft und machte aus ihrer bösen Königin Jezabel mit Lust am naturalistischen, dämonisch eingefärbten Extrem eine große Nummer. Thomas Hess

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