Hardheim/Höpfingen. Der Standort "Kornberg/Dreimärker" ist aufgrund des Natur- und Artenschutzes, seiner teilweisen Lage in einem FFH-Gebiet und der Nähe zu Wohngebieten und zum Flugplatz von Walldürn sehr umstritten. Seit langem beschäftigt das Thema Behörden,Gremien und Bürger und hat zu einer Spaltung der Bevölkerung in Gegner und Befürworter geführt.
Längere Zeit war es ruhig um die Gegner des Windparks zwischen Bretzingen und Waldstetten. Zuvor hatten sie wiederholt in Versammlungen, Gesprächen, in Anfragen im Gemeinderat, Leserbriefen und in zwei Unterschriftenaktionen auf ihr Anliegen und ihre Bedenken gegen die geplanten Windkraftanlagen aufmerksam gemacht.
Über diese öffentlichen Tätigkeiten hinaus war die Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN) auch in den letzten Wochen nicht untätig. "Nun ist auf Anraten unseres Anwaltes sowie nach Rücksprache mit dem BI-Gutachter der richtige Zeitpunkt gekommen, um einen Teil aus dem von der Bürgerinitiative (BI) in Auftrag gegebenen Gegengutachtens zu veröffentlichen", so ein Vertreter der BI gegenüber den Fränkischen Nachrichten.
Gegengutachten liegt vor
Der Anwalt der Bürgerinitiative, Rechtsanwalt Thomas Jäger von der Kanzlei Baumann-Rechtsanwälte in Würzburg, hat am Dienstag auch dem Landratsamt in Mosbach Auszüge aus dem Gutachten zukommen lassen. In dem Brief weist Jäger die Genehmigungsbehörde auf folgende Inhalte des artenschutzrechtlichen Gutachtens der BGN hin:
Vorliegen eines sogenannten Dichtezentrums des Rotmilans: Ein Dichtezentrum liege vor, wenn die Siedlungsdichte der Rotmilane in einem 3,3 km-Radius um die Windkraftanlagen mehr als drei Revierpaare betrage. Somit sei von einem Dichtezentrum für die Anlagenstandorte HÖ 2 und HA 4 auszugehen. Aus einer von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) angeforderten Karte ergebe sich, dass sich in unmittelbarer Nähe zum Vorhabenbereich drei Brutplätze befinden, welche nach intensiver Beobachtung durch Mitglieder der Bürgerinitiative (weit mehr als 1000 Stunden allein 2016) auch genutzt werden.
Zudem habe die Bürgerinitiative gegenüber der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt 2016 einen weiteren Rotmilanhorst gemeldet. "Der Horst sowie das Vorhandensein eines weiteren Revierpaars wurden sodann von der Unteren Naturschutzbehörde bestätigt. Somit ist davon auszugehen, dass die Siedlungsdichte der Rotmilane innerhalb eines 3,3 km-Radius um die geplanten Anlagenstandorte HO 2 und HA 4 mehr als drei Revierpaare beträgt und vom Vorliegen eines Dichtezentrums auszugehen ist."
Signifikant erhöhtes Tötungsrisiko innerhalb eines Radius von 1000 Meter um den Horst: Nach den LUBW-Hinweisen sei innerhalb eines Radius von 1000 Meter um den Horst sowie in den regelmäßig frequentierten Nahrungshabitaten und Flugkorridoren durch den Betrieb von Windenergieanlagen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gegeben. Es sei denn, eine Ermittlung der regelmäßig frequentierten Nahrungshabitate und Flugkorridore zeige auf, dass die betroffenen Bereiche nicht oder nicht regelmäßig genutzt werden.
"Wie sich weiter ergibt, sollen innerhalb eines 1000 Meter-Radius um den neu gemeldeten Horst zwei Windkraftanlagen (HA 1 und HA 2) errichtet werden."
Von Seiten der Bürgerinitiative wurde "unter gutachterlicher Betreuung und Einhaltung der gängigen Ermittlungsstandards" eine umfassende Analyse der Flugrouten der Rotmilane vorgenommen. Aus den Kartierungen ergebe sich, dass der komplette Bereich um die geplanten Anlagen beziehungsweise die vorgesehenen Sonderbauflächen für Windenergie als regelmäßig frequentierte Nahrungshabitate und Flugkorridore genutzt werde.
"Nach dem Ergebnis der umfangreichen Beobachtungen kann daher davon ausgegangen werden, dass die geplanten Standorte am 'Kornberg/Dreimärker' von Aktivitäten des Rotmilans sprichwörtlich 'übersäht' sind, was dem Gutachter Beck ausweislich seines Kurzgutachtens vom März 2016 wohl völlig entgangen ist.
Daraus ergibt sich, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Tötungsverbot nicht in Betracht kommt und somit die geplanten Anlagen HA 1 und HA 2 nicht genehmigungsfähig sind."
Zudem weist Rechtsanwalt Jäger darauf hin, dass nach den aktuellen Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten der Mindestabstand zu Rotmilan-Horsten 1500 Meter betrage. Lege man den fachlich anerkannten Mindestabstand zugrunde, seien danach die Anlagenstandorte HÖ 1/ HA 1/ HA 2/ HA 3 und HA 4 nicht genehmigungsfähig.
Vorkommen von Schwarzstorch, Kolkrabe, Uhu und Wespenbussard: "Des Weiteren haben die Einsichtnahme in die von der LUBW zur Verfügung gestellten Daten sowie die eigenen Bestandsermittlungen ergeben, dass im Vorhabengebiet unter anderem auch der Schwarzstorch, Kolkrabe, Uhu und Wespenbussard vorkommen, wobei in Bezug auf den Uhu und Kolkrabe sogar die Horststandorte bekannt sind."
Im Sinne eines möglichst umfangreichen Natur- und Artenschutzes werde die Bürgerinitiative die Kartierungen sowie die Ergebnisse des eigens beauftragten Gutachters Brötz in die Änderung des Flächennutzungsplanes, des sachlichen Teilflächennutzungsplanes "Windkraft" des Gemeindeverwaltungsverbandes sowie das bevorstehende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mit einfließen lassen. "Allerdings wird zunächst abgewartet, bis die Ergebnisse des Büros Beck im Rahmen der oben genannten Verfahren der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden."
Reaktion des Landratsamtes
Die erste Reaktion des Landratsamtes auf das Schreiben des Rechtsanwaltes der BGN: "Sobald dem Landratsamt ein offizieller Genehmigungsantrag für den Windpark 'Kornberg' vorliegt, werden die Experten des Amtes alle vorgelegten Daten des Antragstellers wie auch alle Informationen, die von dritter Seite zur Verfügung gestellt werden, intensiv und auf Basis der rechtlichen Grundlagen prüfen und entsprechend über den Antrag entscheiden", so Pressesprecher Jan Egenberger. "Da derzeit aber dieser Antrag noch nicht eingereicht wurde, können aktuell diskutierte Hinweise nicht bewertet werden."
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