Protestkundgebung bei der Grammer Interior Components GmbH in Hardheim - Über 500 Teilnehmer / Unterstützung durch Gewerkschafter anderer Firmen

"Feindliche Übernahme nicht mit uns"

Von 
Ingrid Eirich-Schaab
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"Spielt kein Monopoly mit unseren Arbeitsplätzen": Über 500 Teilnehmer einer Kundgebung in Hardheim protestierten gestern gegen eine Übernahme der Grammer AG durch die Hastor-Familie.

Hardheim. "Feindliche Übernahme nicht mit uns" propagierten die rund 400 anwesenden Mitarbeiter der Grammer Interior Components GmbH mit kollegialer Unterstützung durch die IG Metall und Gewerkschafter anderer Firmen aus der Region (siehe Infobox). Sie hatten sich ab 13.30 Uhr vor den Werkstoren der ehemaligen Firma Reum in der Hardheimer Industriestraße versammelt.

Bundessweit waren gestern rund 5000 Grammer-Beschäftigte zum Protest aufgerufen. "Es ist fünf vor zwölf", warnte die Gewerkschaft. Sie setzte an allen deutschen technischen Grammer-Zentren mit ihren Kundgebungen ein deutliches Zeichen. Alleine am Stammsitz Amberg gingen 1110 der insgesamt 1200 Mitarbeiter auf die Straße.

Nach und nach trafen gestern in Hardheim immer mehr Arbeitnehmer - auch anderer Unternehmen - ein, um ihre Bedenken und ihren Unmut kundzutun; und zwar mit eigens angefertigten Warnwesten, Trillerpfeifen, Plakaten, Fahnen und Spruchbändern ausgestattet. Laute Musik machte weithin hörbar auf die Aktion aufmerksam. Die Beschäftigten aus der Spätschicht waren eigens früher gekommen. "Euer Ego kostet unsere Existenz", "Um unsere Zukunft werden wir kämpfen", warnten sie auf Plakaten ausdrücklich davor, die Zukunft des Automobilzulieferers zu gefährden.

"Die Hastor-Familie plant eine feindliche Übernahme. Dabei geht es ihr lediglich um eine kurzfristige Gewinnoptimierung, bei der in Kauf genommen wird, die bislang stabilen Kundenbeziehungen nachhaltig zu schädigen", mahnte der 1. Bevollmächtige der IG Metall Tauberbischofsheim, Gerd Koch.

"Die Hastor-Aktionäre wollen den Vorstandsvorsitzenden der Grammer AG in Amberg abberufen und den Aufsichtsrat austauschen", informierte Koch im Weiteren über den Sachverhalt. Der bosnische Investor Hastor halte mit seinen Söhnen und deren Firmen inzwischen 20 bis 30 Prozent der Grammer-Aktien und wolle im Aufsichtsrat fünf von sechs Sitzen auf Arbeitgeberseite mit eigenen Leuten besetzen.

Darüber hinaus blockiere Hastor den Einstieg des für Grammer wichtigen Zulieferers Ningbo Jifeng aus China, der Grammer-Aktien erwerben wollte. Hastor habe per einstweiliger Verfügung erwirkt, dass das gerichtlich untersagt wurde. Hastor selbst habe für 250 Millionen Euro Aktien von Grammer erworben, die inzwischen das Doppelte wert seien. "Mit Wild-West-Manier kommt man nicht durch", warnte Koch. Schließlich ist nicht klar, wie es mit der Unternehmensgruppe Grammer, deren Standorten und den dortigen Arbeitsplätzen weitergeht.

Die Hastor-Familie weigere sich, mit Kunden, Betriebsräten, der IG Metall sowie Vertretern der Bundesregierung und den betroffenen Landesregierungen über das geplante Geschäftsmodell zu sprechen. "Der zur Hastor-Gruppe gehörende Zulieferer Prevent ist für den Produktionsstopp im vorigen Jahr bei VW verantwortlich." Daher reagierte VW bereits zurückhaltend bei der Auftragsvergabe an die Grammer AG (die FN berichteten).

Inzwischen habe sich auch die Bundesregierung eingeschaltet und mahne einen Konsens zwischen Grammer, Betriebsräten und Gewerkschaft an. "Das ist die Voraussetzung für eine langfristige und tragfähige Unternehmensstrategie", so der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Tauberbischofsheim. "Die IG Metall akzeptiert nicht, dass die Beschäftigten von Grammer die Zeche für diese Unternehmensstrategie zahlen. Ohne Not und nur aus spekulativen Interessen wird die Zukunft des Unternehmens und seiner Standorte auf Spiel gesetzt", wetterte Koch. "Sowohl die Grammer AG als auch deren Standorte haben Substanz und Perspektiven. Dazu haben auch die Beschäftigten beigetragen." So eine Unternehmensübernahme habe es bisher in Deutschland noch nicht gegeben, fuhr Koch fort.

"Wir erwarten von allen Eigentümern, dass die Grammer AG auch künftig verlässliche und langfristige Geschäftsbeziehungen mit den Kunden pflegt", forderte Koch. "Die Beschäftigung in der Automobilbranche lebt von der stabilen Auslastung durch Kundenaufträge und die frühzeitige Einbeziehung in neue Entwicklungsprojekte. Genau das prägt die erfolgreiche Wertschöpfungskette rund um das Automobil in Deutschland. Das aber verträgt sich nicht mit einer Geschäftspraxis, wie sie von anderen Hastor-Beteiligungen betrieben wird", so Koch.

Des Weiteren gab Koch Informationen über Gespräche zur Einführung der Entgelt-Rahmenabkommen (ERA) und die Verhandlungen über eine Beschäftigungssicherung bei Grammer in der jüngsten Mitgliederversammlung am 12. April in Hardheim bekannt. Die IG Metall wolle diese Arbeitsplatzsicherung für alle Beschäftigten und nicht nur für 70 Prozent der Stammbelegschaft (700 Mitarbeiter), wie der Arbeitgeber das plane. Rund 180 Stammbeschäftigte und die rund 150 befristet angestellten Leiharbeitnehmer wären damit ohne Schutz.

"Wir wollen Hastor nicht haben. Wir haben unseren eigenen Konzern und wollen dort weiterarbeiten", so der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Klaus Burkardt.

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