Bretzingen. Windkraft stellt einerseits stellt sie eine mögliche Alternative zur Atomkraft im Zuge der Energiewende dar, andererseits aber stehen die auch in der Region allgegenwärtigen Windkraftanlagen oft in harscher Kritik. Dies kam im Zuge der jüngsten Sitzung des Bretzinger Ortschaftsrats, der am Dienstagabend unter großer Anteilnahme von Bürgern aus Bretzingen und Waldstetten tagte, deutlich zum Ausdruck.
Mit den Worten, dass die Windräder, obgleich sie noch nicht da sind, "schon jetzt für Lärm sorgen", eröffnete Ortsvorsteher Kaspar Wolf den Abend und ging ausführlich auf die gesamte Historie ein, die der Ausweisung einer Konzentrationszone für Windkraftanlagen auf Bretzinger und Höpfinger/Waldstetter Gemarkung vorausgegangen war.
Zwar habe der damalige Ortschaftsrat die Aktion grundsätzlich abgelehnt, einher ging damit jedoch ein Ultimatum von einem Mindestabstand in Höhe von einem Kilometer zu besiedelten Gebieten. "Abgelehnt und doch nicht völlig ausgeschlossen - das schließt sich im Prinzip gegenseitig aus", betonte Wolf.
Hintergrund
Der Ortsvorsteher beleuchtete aber auch den möglichen Hintergrund dieser zweiseitigen Entscheidung: Man habe wohl vermutet, "zwischen zwei Stühle zu geraten" und wollte mit dieser Entscheidung das Bestreben untermauern, in Bretzingen "keine Gräben zu aufzuwerfen". Im Dezember 2013 hatte die Prüfung öffentlicher Belange ergeben, dass Windkraftanlagen im Hardheimer Gewann "Honert" nicht zu realisieren seien, so dass sich die Bretzinger Variante seitens der Gemeindeverwaltung favorisiert wurde. "Ich selbst wurde erstmals im Januar 2014 als Vertreter des seinerzeitigen Ortsvorstehers Clemens Breitinger mit derartigen Plänen konfrontiert", erklärte Kaspar Wolf.
Ortschaftsrat überstimmt
Der Gemeinderat Hardheims habe damals den Ortschaftsrat "überstimmt", was man als Mehrheitsbeschluss hinnehmen müsse; im April des Jahres begann ein "durchaus verständliches" Engagement von Bretzinger Bürgern, die sich vor wenigen Wochen offiziell zur Bürgerinitiative formierten. Nach dem Dienstantritt von Bürgermeister Volker Rohm wurde am 26. September eine "Sicht- und Betroffenheitsanalyse" präsentiert (die FN berichteten).
In der Bürgerfrageviertelstunde am Dienstag gab es im Ortschaftsrat eine lebhafte Diskussion, an deren Anfang die Frage von Anwohner Albrecht Reichert stand. Er wollte wissen, "wieso die damalige Ortschaftsverwaltung die Einwohner nicht über die Thematik unterrichtet" habe.
Kaspar Wolf signalisierte generelles Verständnis und ließ wissen, dass diese Frage durchaus ihre Berechtigung habe, wobei es dem vorigen Ortschaftsrat anzulasten sei und nicht dem aktuellen Gremium: "Dennoch hätte man es öffentlich machen sollen und nicht unter dem Tisch kochen dürfen", erklärte er. Damit könne man sich "nicht zufrieden" geben.
Reichert sprach zudem an, dass Bürger, die sich Sorgen um Gesundheit und Lebensqualität gerade im Hinblick auf die nachfolgenden Generationen machen, von kommunaler Seite sinngemäß als "Schreihälse und Querulanten" tituliert worden seien, was er als "schlechten Stil" interpretiere.
"Fehlende Bürgernähe"
Insgesamt betrachteten die Bretzinger ihre Gesuche und Bedürfnisse als seitens des Gemeinderats "vernachlässigt"; man echauffierte sich über den "beschämenden" Umgang mit den Anliegern. Es war von "fehlender Bürgernähe" die Rede: Hardheims Rathaus habe die Menschen "vor vollendete Tatsachen gestellt" und "berechtigte Anliegen nicht verstanden oder gar nicht erst angehört". Ortschaftsrat Daniel Seitz hielt dagegen, dass er beide Seiten verstehe, weil "Vor- und Nachteile sich die Waage halten" und er sich daher nicht zu einem klaren Standpunkt entschließen könne. Er attestierte der Bürgerinitiative jedoch "unseriöse Propaganda, die bisweilen unter die Gürtellinie geht".
Darauf konterte Albrecht Reichert, dass es der Bürgerinitiative, deren Auftreten er als sachlich betrachte, nicht darum gehe, allgemeine Verunglimpfung der Windkraft oder eine Instrumentalisierung der Bürger zu erreichen, man sich jedoch im Hinblick auf die Gefährdung einer natürlichen, wertvollen Umgebung "nicht alles bieten lassen" möge.
Einen neuen Ansichtspunkt steuerte Ortschaftsrat Rüdiger von Ohnhausen bei: "Wenn man in Hardheim Windräder errichten will, dann soll man die auch ruhig bauen. Aber eben bitte in Hardheim und nicht in Bretzingen oder Waldstetten".
Amtskollegin Karin Thoma verwies darauf, dass man eine Eingabe gegen die Windkraftenergie formulieren und bei der Gemeinde einreichen solle. In Betracht zu ziehen sei laut Albrecht Reichert auch, dass man Vorschläge für alternative Flächen zur Sprache bringen möge.
Eine konkrete Antwort auf die von mehreren Anwohnern formulierte Frage nach einer Stellungnahme des gegenwärtigen Bretzinger Ortschaftsrats konnte im Verlauf des Abends indes nicht gefunden werden; die Fragerunde wurde schließlich ergebnislos beendet. ad
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-buerger-wehren-sich-gegen-neuen-standort-_arid,593185.html