Weikersheim. "Ach du liebe Güte - zehn Jahre ist das schon her?" Kaum zu glauben, finden die Senioren, die sich mehr oder weniger regelmäßig hier einfinden und die den Treffpunkt in der Hauptstraße sozusagen zu ihrem "externen Wohnzimmer" gemacht haben.
Man kennt sich, trifft sich zu Kartenspiel und Kaffeeklatsch, vergnügt sich bei Gesellschaftsspielen, man treibt gemeinsam Sport, freut sich auf die Strickrunde, gemeinsamen Gesang mit Klavierbegleitung. Beliebt sind auch Vortragsveranstaltungen, Lesungen, Filmvorführungen. "Im Seniorentreff kommt man unter die Leute", betonen die regelmäßigen Gäste. Schließlich könne man ja nicht immer allein zu Hause sitzen. "Wer rastet, der rostet", ist die Devise. Der Besuch im Seniorentreffpunkt ist für etliche von Montag bis Freitag fester Programmpunkt im Tagesablauf - für manchen bereits seit einem glatten Jahrzehnt.
Am 13. Februar 2004, also auf den Tag genau vor zehn Jahren, luden Initiatorin Margret Schönle und ihre Mitstreiter gemeinsam mit der Stadt zur feierlichen Eröffnung in die neu gestalteten Räume im Erdgeschoss des Hauses Hauptstraße 30.
Von der Idee zur Planung
Vorausgegangen war eine längere Vorgeschichte. Beim Besuch in einem Seniorenheim hatte Initiatorin Margret Schönle ein recht deutliches Unbehagen verspürt: Viel zu wenig menschliche Wärme und viel zu wenig Miteinander erlebte sie da. Das ließ sie nicht los, immer wieder grübelte sie über mögliche Verbesserungen für ältere Menschen.
Margret Schönle ist eine kommunikative Persönlichkeit. Gespräche mit Älteren machten schnell deutlich, dass besonders alleinstehende ältere Damen den Weg in traditionelle Begegnungsorte wie Gaststätten und Cafés scheuen. Dort ohne festen Stammtischtermin auf Gleichgesinnte zu treffen, ist Glückssache. Zudem gestattet längst nicht jeder Geldbeutel den erwarteten Verzehr. Was fehlte, war ein Raum zur regelmäßigen zwanglosen Begegnung, so die Analyse der engagierten Kommunalpolitikerin. Sie hatte sich auch schon mit viel Elan für die Schulcaféteria eingesetzt und dort enormes Organisationstalent unter Beweis gestellt. Als das Ehepaar daran ging, den eigenen Umzug in die Altstadt anzugehen, schlug die Stunde der Realisierung.
Gemeinsam mit Architekt Martin Wolf konzipierten Schönles ein Multifunktionshaus, das altersgerechtes Wohnen, Altstadtbelebung durch Einrichtung eines Geschäftsraums und den Treffpunkt für Senioren verband. Sie formulierten Kernbedingungen für die Planung: Behindertengerecht und lichtdurchflutet sollte der Bau werden, und mit Seniorentreffpunkt und Geschäft einen Beitrag zur Altstadtvitalisierung leisten. - Die anspruchsvollen Wünsche im zur Verfügung stehenden engen Baufenster umzusetzen, dazu noch angepasst an die Vorgaben im unter Ensembleschutz stehenden Altstadtquartier, stellte nicht nur für den Architekten eine Herausforderung dar. Von vornherein war die Kommune, die sich bereiterklärte, den Seniorentreffpunkt einzurichten und die jenseits des ehrenamtlichen Betriebs anfallenden laufenden Kosten zu tragen, mit im Boot.
Wie viel verhandelt wurde mit den Bauherren, dem Denkmalamt, dem Architekten, hat keiner genau aufgezeichnet. Gelohnt hat sich der Kraftakt allemal: Der von der Architektenkammer verliehene Preis für "Beispielhaftes Bauen im Main-Tauber-Kreis" belegt, dass hier durchdacht gestaltet wurde. Die Nachbarschaft von Seniorentreff und Buchhandlung bewährt sich reibungslos seit nunmehr zehn Jahren.
Umsetzung mit viel Schwung
Im November 2003 erfolgte die Gründung eines Fördervereins. Ohne Moos nix los - das gilt selbst, wenn wie hier die Stadt die Grundeinrichtung schultert und dank der sich schnell abzeichnenden Kooperation mit dem Landfrauenverein die Komplettanschaffung von Geschirr nicht nötig ist. Regelrecht überwältigt waren die Fördervereinsmitglieder von der Bereitschaft der Weikersheimer Bevölkerung, sich mit Spenden für den Flohmarkt im Advent 2003 für die gute Sache zu engagieren. "Es gab regelrecht alles", schwärmt Lucie Gottwald, die sechs Jahre als stellvertretende Vorsitzende die Fördervereinsaktivitäten organisierte, bis heute. Mit den rund 3000 Euro, die der Flohmarkt einspielte, war schon was anzufangen.
Bei der Eröffnungsfeier am 13. Februar 2004 konnten sich rund 200 Gäste vom cleveren baulichen Konzept der Einrichtung überzeugen: Der Raum lässt sich perfekt teilen und ermöglicht parallel etwa sportliche Aktivität im hinteren Bereich und im vorderen Raum ungestörte Klönrunden. In der warmen Jahreszeit lockt der schmucke Innenhof, die Seele baumeln zu lassen.
Namensfindung und mehr
Spannend war die Namenssuche: Eingegangen waren unter anderem humorig-offensive Vorschläge wie "Kommune Kalk", gebremstere Varianten wie "Club Spätsommer", "Senioren-Treff" und "Treff 50 plus" - und "Uhu-Treff", der dann das Rennen machte. "Offen für alle unter hundert - und nach oben nehmen wir's nicht so genau", kommentierte damals Margret Schönle die Wahl. Das zugehörige Logo entstand in einem Schüler-Kunstwettbewerb.
Es sind rund 20 Gäste, die regelmäßig an den Nachmittagen im Treffpunkt vorbeikommen. Die meisten verwitwet, 70 bis 90 Jahre alt, gesellig und rüstig. Rüstig wollen sie bleiben - entsprechend voll ist es immer montags. Dann stehen Qi Gong mit Manfred Büchner oder Seniorengymnastik mit Christine Kirchner auf dem Programm. Mittwochs trifft sich die Runde der Strickerinnen, der Donnerstag steht im Zeichen von Tasten und Tastaturen: Klavierspiel zum Hören und Mitsingen und Tipps für den Umgang mit Computer und Internet.
Alles gut, alles macht Spaß, aber Manches könnte man dennoch besser machen, finden die Senioren. Und was? Wollen sie lieber Sofas als Stühle, lieber mehr Musik oder knallbunte Wände? Nichts davon: Was sie kritisieren, ist, dass kaum jemand aus den Ortschaften vorbeischaut, dass selbst die, die jenseits der Kernstadt auf Hügeln wohnen, nicht kommen, weil ab einem gewissen Alter doch die Wege zu weit, zu beschwerlich werden. Gäbe es nicht H. Birkhold, der Tag für Tag einige regelmäßige Uhu-Besucherinnen einsammelt, um mit ihnen gemeinsam in die Altstadt zu fahren, wäre für weitere der Weg zu weit.
"Eigentlich bräuchte man einen Hol- und Bringdienst", finden auch Maria Löbert und Hildegard Rettenmaier, die seit zwei Jahren zum Betreuerteam gehören.
Ihr Wunsch deckt sich mit dem Geburtstagswunsch von Peter Münzer, der vor einem Jahr das Vorstandsamt von Margret Schönle übernahm, und der zweiten Vorsitzenden Bettina Philipp. Münzer, Jahrgang 1945, stammt aus Frankfurt und "verliebte" sich im Urlaub in die Region. Seit fünf Jahren ist er Weikersheimer und seit zwei Jahren regelmäßig in Seniorentreff anzutreffen. Bettina Philipp, Jahrgang 1959, stammt aus Weikersheim, engagiert sich seit drei Jahren im Seniorentreff.
Warum sie sich hier engagieren? "Man kann der Gesellschaft ruhig etwas zurückgeben", finden sie. Auch die ehrenamtlichen Betreuer meinen: "Es ist eine gute Sache, dass es den Treffpunkt gibt - und das funktioniert nur mit ehrenamtlichem Einsatz."
Der Uhu-Seniorentreff in Weikersheim
Beim ersten Seniorennachmittag nach der Eröffnung 2004 präsentierte sich der Uhu-Seniorentreff selbstironisch-heiter: Wieso bitte man denn "hin solle zu denne alde Leit?" Mit ihrer provokanten Frage kam Regine Hangstein als Vertretein der Zaudererfraktion der "Werberin" Lucie Gottwald gerade recht: Da gibt's nicht nur Kaffee und Kartenspiel, sondern auch Computerkurse, da kann man E-Mails schreiben an den Enkel in Amerika, und Reiseplanungen im Internet sind auch nicht zu verachten. Und außerdem gibt's Sport und Tanz und Redezeit, und der Kaffe ist auch nicht teuer, lockte sie putzmunter im Sketch.
Ehrenamtliche Helfer: Ein- bis zweimal monatlich sind die Helfer im Seniorentreff im Einsatz. "Das kann man schon machen", sagen die Betreuerinnen Maria Löbert und Hildegard Rettenmaier. "Es müssten halt viel mehr Leute mitmachen, als aktive Helfer oder auch als passive Fördervereinsmitglieder." Die Mitgliedschaft im Förderverein kostet nur 25 Euro jährlich, wer als Betreuer im Einsatz ist, muss nichts bezahlen.
Zusätzliche Uhu-Nutzer will das Vorstandsteam auch über die Homepage ansprechen, die aktuell in Arbeit ist. Geplant ist, wieder mehr Sonderveranstaltungen ins Jahresprogramm aufzunehmen: Bestens angenommen wurden in der Vergangenheit unter anderem Mundartlesungen. Besonders wird in diesem Jahr natürlich das Jubiläums-Sommerfest.
Bei der Hauptversammlung Mitte März wird es unter anderem um die Festplanung gehen. Dann kann auch besprochen werden, ob nicht vielleicht doch die eine oder andere Neuerung anzugehen ist.
Programm im Uhu-Seniorentreff: Der Treffpunkt ist montags bis freitags jeweils von 14.30 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Montags stehen abwechseln Qi Gong und Seniorengymnastik auf dem Programm, Mittwochs treffen sich unter anderem Handarbeitsfreundinnen, Donnerstags gibt's Klaviermusik und die Möglichkeit zum Computertalk, Freitags ist Spielenachmittag - aber Karten- und Gesellschaftsspiele stehen auch an den anderen Tagen hoch im Kurs. Getränke gibt es in der Begegnungsstätte zu sozialverträglichen Preisen. Der Treff steht jedem offen - und auch jüngere Besucher sind immer willkommen. ibra
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