"Württemberger Weinstraße" - Der Niederstettener Teilort wurde offiziell in die beliebte Ferienstraße aufgenommen

Jetzt ist Oberstetten ganz vorne dran

Von 
Bettina Semrau
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Die Stimmung war prächtig. Kein Wunder, es gab ja auch Grund zur Freude: Wie das kleine Schild verrät, fängt die Württemberger Weinstraße ab sofort in Oberstetten an, was Winzer sowie Ortschafts- und Gemeinderäte genauso freute wie die beiden Weinhoheiten Anja Gemmrich und Eileen Staudt sowie (von rechts) Bürgermeister Rüdiger Zibold, Weinbauverbandspräsident Hermann Hohl und Jochen Müssig vom Tourismusverband sowie Ortsvorsteher Jochen Haag (Fünfter von rechts).

© Bettina Semrau

Oberstetten. Was für ein Riesengrund zur Freude: Oberstetten gehört dazu, ab sofort fängt die Württemberger Weinstraße nämlich hier an. Mit einem kleinen Fest wurde das bedeutungsvolle Ereignis gefeiert.

Man kann verstehen, warum Hermann Hohl, Präsident des Weinbauverbands Württemberg, ganz besonders gerne die kleinen Weinanbaugebiete wie das in Oberstetten besucht. Denn gerade hier, in den historischen, von Menschenhand geschaffenen und nicht flurbereinigten Anlagen mit ihren mühsam aufgeschichteten Steinriegeln könnten Besucher noch ganz authentisch sehen, wie der Weinbau einst entstanden sei, sagte er.

Oberstettens Ortsvorsteher Jochen Haag, wie sein Vater selbst begeisterter Weingärtner, hatte die Gesellschaft zunächst in die Räume des Jugendclubs im Amtshaus geladen, bevor es später zur Begutachtung des nagelneuen Schildes mit der Aufschrift "Württemberger Weinstraße" ging.

Im Glanz zweier Weinhoheiten

Neben Hermann Hohl und Bürgermeister Rüdiger Zibold war Jochen Müssig vom Tourismusverband Liebliches Taubertal sowie Vorstandsvorsitzender Karl Schieser von den Weingärtnern Markelsheim, weitere Winzer aus Oberstetten und Ortschafts- und Gemeinderäte gekommen. Sie alle sonnten sich im Glanz der beiden Weinhoheiten Anja Gemmrich, der Württembergischen Weinprinzessin und Eileen Staudt, der Markelsheimer Weinkönigin, über deren Besuch sich alle ausdrücklich freuten.

Es freue ihn sehr und erfülle ihn als Winzer auch ein bisschen mit Stolz, dass Oberstetten als südlichster Ort des Main-Tauber-Kreises und "kleiner Weinort an der großen Weinstraße" nun auch dazugehöre, verriet Jochen Haag. Dann ging er auf die interessante Geschichte des Oberstettener Weinanbaus ein (siehe Infobox). Vor zwei bis drei Jahren habe er sich an Jochen Müssig vom Tourismusverband Liebliches Taubertal gewandt, berichtete Bürgermeister Rüdiger Zibold, denn: "Ich sah die Notwendigkeit, dass unser kleiner Anbauort mit in die Württemberger Weinstraße aufgenommen wird".

Die Ferienstraße sei schließlich "prägend für den Main-Tauber-Kreis". Präsident Hermann Hohl sei es letztlich zu verdanken, dass es mit der Aufnahme geklappt habe. Den Oberstettener Weingärtnern wünschte Zibold weiter gutes Durchhaltevermögen, das man in den "schwierigen Lagen" benötige. Er spreche da durchaus aus eigener Erfahrung, verriet Zibold, denn auch die Stadt besitze noch Weinberge, die teils vom Schulbauernhof in Pfiztingen versorgt würden.

"Wenn man an einem Thema bleibt, führt das auch zum Ziel", sagte Jochen Müssig mit Blick auf die Bemühungen Zibolds und richtete auch Grüße vom Landrat aus. Der von ihm vertretene Tourismusverband Liebliches Taubertal bewerbe neben Fahrradfahren, Wandern und Kultur auch die Linie Kulinarik, "meine Lieblingslinie", wie er zugab. Diese Linie würde durch die Weinstraßen dargestellt, zu denen neben der Württemberger auch die Taubertäler, die Badische sowie die Bocksbeutelstraße gehörten. Als neues Mitglied der Württemberger Weinstraße würde natürlich auch Oberstetten in den Genuss besonderer Werbung kommen.

Kleine Anbaugebiete bedeuteten viel Engagement, sagte Weinbauverbandspräsident Hermann Hohl. Diesen Einsatz würde er durch seinen Besuch gerne unterstützen. Hohl ging auf den starken Rückgang des Weinbaus in Oberstetten ein, was sicher auch der Witterung geschuldet sei. Dennoch sei es gerade in der hiesigen Gegend besonders wichtig, das der Weinbau erhalten bleibe. Sein Ziel sei es deshalb, die Menschen "aufzumuntern, wieder Neuanpflanzungsrechte zu erwerben. Der Weg steht offen", betonte er. "Flächen gibt es genügend", appellierte an die Bürger, aber auch an Landratsamt, hier großzügig mit Genehmigungen für die Vorrangskultur umzugehen. Die Aufnahme in die Württemberger Weinstraße bedeute "eine Chance für Oberstetten", zeigte sich Hohl überzeugt. Zwar sei der Weintourismus noch relativ neu, aber sein Verband tue viel, um ihn zu fördern.

So habe man eine Tourismusstelle in Stuttgart geschaffen, deren Aufgabe es ist, die Württemberger Weinstraße zu vermarkten und sie überregional und sogar international bekannt zu machen.

Und weil man zuvor so viel über Wein gesprochen hatte, musste der im Anschluss natürlich auch probiert werden.

Dazu gab es ein zünftigen Vesper mit selbst gebackenem Brot und köstlicher Wurst aus eigener Schlachtung der Familie Haag.

Historie und ein Überblick: Oberstetten und die Württemberger Weinstraße

  • Von den einst über 80 Hektar Anbaufläche sind in Oberstetten heute nur noch 1,12 Hektar Fläche übrig, berichtete Ortsvorsteher Jochen Haag.
  • Diese werden von fünf Winzerbetrieben (vier Familien) versorgt.
  • Damit ist man einer der kleinsten württembergischen Weinanbauorte.
  • Auf den Flächen am Oberen Tal wird überwiegend Schwarzriesling angebaut, der in den 90-er Jahren bis zur Jahrtausendwende angepflanzt wurde.
  • Auf kleinen Flächen gedeiht auch Müller-Thurgau und Silvaner, teils an Rebstöcken, die in den sechziger Jahren angepflanzt wurden und heute noch im Ertrag stehen.
  • Daneben gibt es aber auch Acolon und Zweigelt als moderne Rotweinsorten.
  • Im 18. und 19. Jahrhundert kelterte und baute man den Wein in Oberstetten noch selbst aus, um ihn später an durchreisende Händler zu verkaufen.
  • In Niederstetten entstand eine Genossenschaft, die durch die Fusion mit den Markelsheimer Weingärtnern in diese überging. Auch heute geht der gesamte Ertrag dorthin.
  • Das Weinland Württemberg, Deutschlands viertgrößtes Weinbaugebiet, reicht vom Taubertal bis zur Schwäbischen Alb.
  • Die Ferienstraße "Württemberger Weinstraße" wurde 2004 eingeweiht und erstreckt sich auf 521 Kilometern von Oberstetten bis Metzingen.
  • Sie führt an den Ufern von Tauber, Kocher, Jagst, Neckar, Sulm, Lein, Zaber, Schozach, Bottwar und Rems entlang bis nach Metzingen am Fuß der Schwäbischen Alb. sem

Redaktion Redakteurin bei den FN

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