Mainfranken Theater - 700-jährige Geschichte des Bürgerspitals aus der Feder von Ulrike Schäfer

Humorvoll und sehr unterhaltsam

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Humorvoll und sehr unterhaltsam präsentiert sich das Würzburger Mainfranken Theater beim Rückblick auf 700 Jahre Geschichte des Bürgerspitals.

© Mainfranken Theater/Nico Mayer

Wie man humorvoll und unterhaltsam die 700-jährige Geschichte des Würzburger Bürgerspitals auf der Bühne Revue passieren lassen kann, zeigen das Mainfranken Theater mit der Autorin Ulrike Schäfer, dem Regisseur Axel Stöcker und dem Musiker Alexis Agrafiotis im Jubiläumsjahr in der Kelterhalle des Bürgerspitals. "Ein Widder mit Flügeln" beginnt als verpatzte Chorprobe und die künstlerische Leiterin, die Claudia Kraus köstlich inmitten ihrer spontan agierenden Chaotentruppe mit flehentlich-bemühter Seriosität spielt, sieht mehr und mehr ihre Felle davon schwimmen.

Besonders Leo (Boris Wagner) glaubt, spontan alles vom Blatt weg singen zu können. Der gesangsstarke und gesellige Helge (Daniel Fiolka mit unerwartet kabarettreifen Szenen) überspielt geschickt seine Abwesenheit bei bisherigen Proben und schwärmt beim Thema Wein von einer "Symphonie der Geschmacksknospen". Jeanny aus Neuseeland (Christina Theresa Motsch) bringt als Backpackerin ihren Jungmädchen-Charme ein. In die Truppe ist sie mehr oder weniger hineingestolpert, weil sie sich beim Kellermeister Elmar Nun, der auch noch seinen Auftritt bekommt, um einen Aushilfsjob beworben hat. Die bunte Truppe komplettiert Sonja (Anja Gutgesell), die sich schon beim Eingangs-Choral "Wir feiern heut´ ein großes Fest" bis in die höchsten Tonlagen hinein trällert.

"Wir müssen die Aufführung absagen", ist sich die Leiterin sicher. Doch am Klavier hält Alexis Agrafiotis, gleichzeitig musikalischer Leiter des Abends, die Truppe zusammen: "Ich improvisiere Ihnen da etwas." Helge vermisst den Zusammenhang zwischen einem Spital und dem Wein, doch schnell wird mal in den Unterlagen nachgelesen, was es mit dem Bürgerspital und seiner Geschichte auf sich hat. Den einzigen Hauch einer Idee, worum es bei diesem Jubiläum geht, hat die Würzburgerin Sonja, die im breiten Fränkisch temperamentvoll in die Rolle der Gattin des Stifters schlüpft. Zuvor gibt die Leiterin, ganz überwältigt von der historischen Bedeutung des Festes, in ihrer Begrüßungsrede einen Rückblick.

Es war das Würzburger Patrizier-Ehepaar Johannes von Steren und seine Gattin Mergardis, die um 1316 ihr Anwesen in der Semmelstraße der Stadt zur Aufnahme pflegebedürftiger und armer Menschen überließen. Ab dem 16. Jahrhundert wurde daraus die Stiftung "Bürgerspital zum Heiligen Geist" mit dem Wappen. Nach der damals mutigen Verfügung der Stifter, die Führung nicht der einflussreichen Kirche, sondern im Ringen um mehr Eigenständigkeit der Stadt gegenüber dem Fürstbischof dem Bürgermeister und seinem Stadtrat anzuvertrauen, gab es weitere Zustiftungen durch Würzburger Bürger, darunter 1340 mit Laub sogar ein ganzes Dorf von Rüdiger und Wölflin Teufel.

Wie vor 700 Jahren ist die Stiftung heute in der Betreuung und Pflege tätig und unterhält mehrere Seniorenwohnstifte, Heime, eine Tagespflege und einen ambulanten Dienst. Mit dem Betrieb der Liegenschaftsverwaltung mit dem Weingut Bürgerspital, gewerblichen Liegenschaften, vielen Erbbaurechten und über 200 Wohnungen finanziert sich die Stiftung mit der Heilig-Geist-Taube im Wappen.

Während der Rede mucken jetzt die Mitstreiter auf der Bühne auf: "Da muss mehr Schmiss rein", fordert Leo. Erst einmal erfahren die Zuschauer, dass zur Aufnahme ins Spital ein Stadtratsbeschluss notwendig war. Vermögende Bürger konnten sich zur Altersversorgung einkaufen; jeder Pfründner erhielt täglich einen Viertel Liter Wein. Über die Unterschiede beim Essen für arme und reiche Bewohner regen sich die Akteure nur kurz auf, denn Leo als Spitalmeister bringt es auf den Punkt: "Und wovon soll ich die Nächstenliebe bezahlen?"

Dann schlüpft Leo in die Rolle des Bischofs zu Zeiten des Bauernkriegs, nach dessen Ende Bischof Konrad von Thüngen 1525 als Strafmaßnahme die Verwaltung des Bürgerspitals übernimmt. 15 Jahre später überträgt das Domkapitel wieder dem Stadtrat die Verwaltung.

Aufgelockert wird der historische Schnelldurchlauf mit Liedern. Gerne wird im Kanon mehrstimmig gesungen. Nicht fehlen darf "Das schöne Land der Bayern", deren Regierung 1817 anordnet, dass im Bürgerspital eine Armenküche eingerichtet wird. Ab 1880 werden zunehmend auch "Pensionäre" aufgenommen, die ihren Aufenthalt selbst bezahlen. Zum Abschluss der unterhaltsamen Aufführung hat auch der Bürgerchor des Theaters endlich seinen großen Auftritt. ferö

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