Die messbaren Außentemperaturen sind in Unterfranken auch noch am frühen Abend rekordverdächtig. Der Aufenthalt im Freien kann nur in der Nähe eines Bades oder eines Parks empfohlen werden. Insofern ist der nach dem bayerischen Prinzregenten benannte Bad Kissinger Luitpoldpark eine durchaus empfehlenswerte Adresse. Verfügt er doch grundsätzlich auch über entsprechende, den Körper abkühlende, Einrichtungen.
Standen am Abend zuvor noch die schwedischen "Roxette" auf der Bühne, hat sich am Samstag zudem Mark Knopfler mit Band angekündigt. Kurz nach 20 Uhr beginnt der Brite, nach Ankündigung durch seinen langjährigen Manager Paul Crockford im auffälligen Union-Jack-Blazer, mit dem eher weniger prägnanten neuen Song "Broken Bones".
Beim raffinierten "Laughs And Jokes And Drinks And Smokes" greift Knopfler etwas später unüberhörbar gar jazzige Motive aus Dave Brubeck's Take Five auf. Der große Mark Knopfler nach all den Jahren immer noch ein Suchender, also ein Tracker?
Mit seiner Band "Dire Straits" war er bis zu Beginn der 1990er Jahre enorm erfolgreich und zuletzt in immer größeren Stadien aufgetreten. Der eine oder andere Zuhörer im Luitpoldpark mag sich vielleicht noch an den vergleichsweise kleinen Auftritt der damaligen Newcomer im Mai 1979 in der Kürnachtalhalle im Würzburger Stadtteil Lengfeld erinnern. Knopfler wurde der Musikzirkus am Ende zu viel. Er ließ den Rock-Dinosaurier mit Fertigstellung des letzten Livemitschnitts "On The Night" ab 1992 sukzessive einschlafen. Fortan hatte er beruflich seine Solo-Karriere und sorgfältig ausgewählte Kollaborationen, unter vielen anderen auch mit Freund Bob Dylan, im Blick. Neben einer Vielzahl von Soundtracks produziert Knopfler im eigenen Studio nach wie vor immer wieder feine Studioalben, die die der schottisch-irischen Folkmusik zunehmend mehr Raum geben.
Auch mit seinem aktuellen Album "Tracker" spürt er wiederum Traditionell-Folkloristisches auf und pflegt es geschickt in den eigenen Klangkosmos ein.
Bei aller Finesse, die seine formidable Band eben nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne zeigt - Knopfler stellt die Bandmitglieder während "Postcards From Paraguay" ausführlich vor - präsentiert er selbst seine Musik völlig unaufgeregt und nahezu ohne Showelemente.
Das über viele Jahre typische und damals schon sein schütteres Haar zusammenhaltende Stirnband braucht einer der erfolgreichsten und wohlhabendsten Musiker Großbritanniens schon lange nicht mehr. Lediglich an seinen Handgelenken finden Schweißbänder nach wie vor ihren Platz und helfen ihm offensichtlich, seine herrlichen Gitarrenläufe in den Kissinger Abendhimmel zu zaubern.
Bei den ersten Songs der "Dire Straits" "Romeo And Juliet" und daran anschließend "Sultans Of Swing", beide in jeweils zehnminütigen Interpretationen gereicht, gibt es dann im Publikum kein Halten mehr, dafür aber einige - leider nur sprichwörtliche und nicht nachhaltig abkühlende, Gänsehautmomente. Begrüßenswert, dass der Veranstalter ausreichend Stehplätze vor der Bühne geschaffen hat. Die Begeisterung des ebenfalls in die Jahre gekommenen Publikums lässt sich hier sehr viel leichter ausmachen als auf den doch etwas distanzierten Tribünensitzplätzen.
Als Zugabe werden "So Far Away" und ein finales "Piper To The End" vom Album "Get Lucky" serviert, bevor mehr als 6000 Zuhörer nach gut zwei Stunden zufrieden und bei Wetterleuchten in eine noch immer mehr als laue Sommernacht entlassen werden.
Mark Knopfler hat vom aktuellen Album lediglich drei Songs gespielt. Die obligatorischen Promotion-Touren hat er längst nicht mehr nötig.
Er fügt stattdessen seine Songs aus verschiedenen Schaffensperioden zusammen und bietet eine stimmige Werkschau, die in seinem Falle aufgrund des umfangreichen Materials viele Varianten zulässt.
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