Steil ist es. Doch Gerd Sych und die anderen Helfer des Slow-Food-Conviviums Mainfranken-Hohenlohe haben sich schon daran gewöhnt und bewegen sich bei der Lese der Trauben im Ickelheimer Schlossberg bei Bad Windsheim sicheren Schritts durch den ältesten und mit gut 1700 Quadratmetern größten deutschen Pfahlweinberg. Das Convivium will sich verstärkt mit verschiedenen Winzern bei der Erhaltung von alten Weinbergen engagieren - der Schlossberg ist ein erster Schritt auf einem langen Weg.
Grüner Silvaner, Gelber Silvaner, Blauer Silvaner, Weißer Elbling, Gelber Muskateller, Roter Muskateller, Weißer Riesling, Roter Traminer, Adelfränkisch, Weißer Lagler, Weißer Heunisch, Kleinberger, Tauberschwarz, Rotholziger Trollinger, Blauer Portugieser, Süßschwarz, Möhrchen, Hartblau. "All diese Sorten sind hier bunt durcheinander gewürfelt", freut sich Gerd Sych über die bestehende Vielfalt, die vom Experten für alte Rebsorten der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, Josef Engelhart, festgestellt wurde.
"Aus gesundheitlichen Gründen konnte die Besitzerfamilie den Weinberg nicht mehr optimal pflegen", erklärt Convivium-Sprecher Gerd Sych. Da dieser Weinberg aber etwas Einzigartiges ist - schon Karl der Große erwähnte die Lage - habe Slow Food alles daran gesetzt, dass hier weiter Wein wachsen kann.
Die Rettungswilligen gingen Rebstockpatenschaften ein, was natürlich mit finanziellem Engagement verbunden ist. Der engagierte Winzer Ulrich Bürks aus Weimersheim wurde für die Idee begeistert, und zusammen mit ihm als Pächter und Fachmann hat sich eine 30-köpfige Gruppe des Conviviums des Pfahlweinbergs angenommen.
1500 Stickel ausgetauscht
"Stickel raus!" hieß es zunächst im März diesen Jahres im Ickelheimer Schlossberg. Gut 1500 marode Stickel mussten aus dem Weinberg entfernt werden, ehe im Mai das Einklopfen neuer Stickel und Reben putzen auf dem Arbeitsprogramm standen. Ende des Monats konnten die Slow-Food-Mitglieder und Winzer Bürks dann mit Stolz vermelden, dass alle Stickel ausgetauscht sind und damit der Ickelheimer Schlossberg wieder größter Pfahlweinberg Deutschlands ist.
Bis zur Lese im Oktober gab es natürlich noch so einiges im Weinberg zu tun. Doch dabei war die Gruppe schon zuversichtlich, dass sich der Arbeitsaufwand gelohnt hat. Das Durcheinandermischen von Rebsorten, das einst das klassische Anbauprinzip überall in deutschen Landen war, sei auch heute nicht nicht von der Hand zu weisen, so Gerd Sych. Noch wenig erforscht sei, dass die Reben nicht nur nebeneinander stehen, sondern auch durch die Wurzelgeflechte über Pilze miteinander kommunizieren, was zur Entwicklung eines eigenen Geschmacks führe.
"Kein Jahrgang wird dem anderen gleichen", unterstreicht Winzer Ulrich Bürks gegenüber den FN. Aufgrund der vielen Sorten, die sich unterschiedlich entwickeln, und der witterungsbedingt schwankenden Reifegrade, ergebe sich von Jahr zu Jahr ein anderer Farbton und ein anderer Geschmack, was für Weinliebhaber äußerst interessant sei.
Spannung bis zum Frühjahr
"Doch jetzt sehen wir erst einmal mit Spannung dem ersten Jahrgang entgegen", freut sich Gerd Sych. Rund 700 Liter Traubenmost mit einem Mostgewicht von knapp 80#02da Öchsle reifen jetzt bis zum Frühjahr - erst dann wird klar sein, wie sich der erste altfränkische gemischte Satz entwickelt hat.
Einst das klassische Anbauprinzip
- Das Durcheinandermischen von Rebsorten war einst das klassische Anbauprinzip überall in deutschen Landen.
- Mit wenigen Ausnahmen bevorzugte man dieses Konzept, bis die Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts den Weinbau in Deutschland fast zum Erliegen brachte.
- Der Grund für dieses Prinzip war Ertragssicherheit. Durch die vielen Sorten war gewährleistet, dass weder Frost, noch Pilzbefall, noch Schädlinge alles vernichten konnten.
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