„Singen verbindet, macht Spaß und ist die menschlichste Form der Musik überhaupt“: So hatte die Tauberphilharmonie bereits weit im Vorfeld geworben. Jetzt wurde gemeinsam musiziert.
Weikersheim. Kein Sänger, keine Sängerin, auch keiner oder keine, der oder die egal ob Solist, Chorist oder Gesangsfreund, der nur unter der Dusche die Singstimme klingen lässt, könnte dem Motto der Sing-Tage widersprechen – und entsprechend groß war auch die Nachfrage nicht nur für die Konzerte des Heidelberger „Hardchors“ und „ Apollo5“, sondern auch für den Gesangsworkshop mit den fünf Workshoperfahrenen Londoner Musikern.
„Mit so viel Interesse hatten wir nicht gerechnet“, so Philharmonie-Intentant Johannes Mnich: Aufgestuhlt für den erwarteten eher intimen Gesangsworkshop hatte das Tauberphilharmonie-Team einen Halbkreis auf der Bühne. Dass es dann rund 120 Interessierte vom Kleinkind bis zum Greis wurden, die sich einfanden, um mit „Apollo5“ neuen Zugang zur eigenen Stimme zu finden, damit hatte wohl kaum jemand im ohnehin musikalisch bestens aufgestellten Tauberstädtchen kaum jemand gerechnet. Und hätte man sie vorher bereits gehört, hätten sich aus Ehrfurcht vor ihrer Gesangskunst möglicherweise längst nicht so viele Interessierte zum Workshop mit diesen Künstlern hingetraut, die es nicht nur im in der alten St. Anne und Agnes-Kirche etablierten Gresham Centre für Musikvermittlung darauf anlegen, für Musik zu begeistern.
Begeistert erlebten die Anwesenden, wie die fünf Ausnahmesänger Penelope Appleyard, Clare Stewart, Joshua Cooter, Oli Martin-Smith und Greg Link sie dazu brachten, ihren Stimmen zu erstaunliche Mglichkeiten zu eröffnen: Ein bisschen Apollo5-„Queen“ zum Einstig - und dann ran an die eigene Stimme.
Pffpffpff und tschtschtsch, mimimi und mamama, pusten lang und Puststaccato, rhythmisches Beklopfen von Armen und Beinen, Klatschen, Wangenreiben, Schulterdrehen: Lockerungsübungen, die kennen könnte, wer bereits einmal in den Genuss von Sprech- oder Stimmunterricht kam. Ganz easy sind sie drauf, in Jeans und T-Shirt führen sie die höchst vielfältige Teilnehmergruppe ganz niederschwellig und dennoch fordernd mit Bodypercussion, Vormachen, Zeichensprache immer dichter heran an die Möglichkeiten der Stimme, bis hin zum ersten Song, englisch natürlich. Vom Kleinsegment zur kurzen Komplettübung – und schon hallt es dreistimmig und harmonisch von der Bühne und aus dem Saal.
„Wow, das geht ja!“, staunen die Teilnehmer und strahlen noch lange nach Ende des knapp einstündigen Workshops so bis an beide Ohren, dass kaum zu glauben ist, wie sich der Nebel angesichts dieses ansteckenden Strahlens noch zwischen den Hügeln halten kann.
Natürlich konnten viele Teilnehmer des Workshops nicht widerstehen, dann auch die „Apollo5“-Matinee am Sonntag mitzuerleben. Bis fast auf den letzten Platz besetzt war der Wittensteinsaal, als die fünf dann im Konzertoutfit auftraten und mit engelgleichen Stimmen die fast 200 Besucher vom ersten Ton an in regelrecht atemlosen Bann schlugen.
Welches Singen, welches Schwingen, welches Schweben! Atemloses Staunen nach jedem Lied, ehe begeisterter Applaus ausbrach. Derart fein modulierte Stimmkraft, Stimmweite, solch bis ins allerfeinste verästelte Modulation lässt sich sonst noch am ehesten in Sakralbauten wahrnehmen, wenn ganze Chöre den Raum schwingen lassen. Hier sind es nur zwei Sängerinnen und drei Sänger, die Klänge des Shakespeare-Zeitgenossen William Byrd ebenso schweben lassen können wie die Beatles-Songs, Musical-Sound, Elton John oder Simon und Garfunkel. Durch die Jahrhunderte führten sie vom Mittelalter bis in die Gegenwart, von Sakralmusik über zum hochkarätigen Kunstlied gestaltete englische und russisches Volkmusik bis hin zu heiter selbstironisch präsentiertem Pop: Ein Hochgenuss der Extraklasse.
Ein Jammer, dass nur knapp 200 Besucher dieses Konzert erlebten. Bleibt nur die Hoffnung, dass sie bald, bald wieder hier zu hören sein werden.