Die Folgen der Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine spüren auch die Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie hatten und haben in personeller und in wirtschaftlicher Hinsicht viel zu leisten.
Tauberbischofsheim. 2022 habe das Jugendamt die Vorzeichen von der Ausweitung des Fachkräftemangels und der ausschleichenden Pandemie erlebt, so Jugendamtsleiter Martin Frankenstein bei der Sitzung des Jugendhilfeausschuss. Bei fehlendem Personal sei es schwierig, die hohen Qualitätsstandards über Monate zu halten. Frankenstein warf einen Blick auf die wirtschaftlichen Hilfen für junge Menschen und ihre Familien. Bei der Förderung der Kindertagesbetreuung seien die Zahlen bis zur Jahresmitte 2022 noch relativ gering gewesen, dann aber eine merkliche Steigerung erfolgt.
Langzeitliche Entwicklung
Im Ausschuss notiert
Nach dem Ausscheiden von Wolfgang Pempe aus dem Jugendhilfeausschuss wurde das Amt des zweiten stellvertretenden Vorsitzenden frei. Der Jugendhilfeausschuss wählte Werner Fritz, Geschäftsführer der Jugendhilfe Creglingen, einstimmig in dieses Amt.
Allgemein begrüßt wurde die Erhöhung des Förderbetrags für die Schulsozialarbeit. Sie beträgt künftig ein Drittel der Personalkosten und steigt von 17 800 auf höchstens 24 000 Euro. Die entsprechenden Richtlinien werden rückwirkend zum 1. Januar angepasst. hvb
Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Zuschüsse für den Besuch von Kindertageseinrichtungen von 536 auf 629 Fälle, in der Kindertagespflege von 258 auf 299 Fälle. Frankenstein sprach hier aber nicht von einem sprunghaften Anstieg, sondern vielmehr von einer langzeitlichen Entwicklung, weil solche Leistungen vermehrt beantragt würden. Die Zahl der Unterhaltsvorschussleistungen, die das Jugendamt zu übernehmen habe, pendelten sich auf rund 1000 Fälle im Jahr ein, verdeutlichte der Jugendamtsleiter. Das hätten die vergangenen Jahre gezeigt.
Dass der Bedarf an individuellen Hilfen durch freie Träger groß sei, zeigte Frankenstein anhand von Zahlen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 535 solcher Hilfen ermöglicht worden, wobei es eine deutliche Zunahmen bei ambulanten Hilfen gegeben habe. Für 2021 verzeichnet das Jugendamt 54 Schulbegleitungen, im vergangenen Jahr waren es 66, was der Jugendamtsleiter als Folge der Pandemie wertete: „Das Zurück in den Schulalltag hat nicht so geklappt wie erhofft.“
Stationäre Unterbringung stabil
Eine gewisse Konsolidierung sei hingegen im Bereich der sozialpädagogischen Familienhilfe eingetreten. Auch die stationäre Unterbringung sei mit 76 Fällen stabil geblieben. Für das laufende Jahr überlege man, in der Landkreismitte eine flexible Lösung für die sozialpädagogische Gruppenarbeit einzurichten und eine Poollösung für die Schulbegleitung zu schaffen, wobei ein Schulbegleiter für mehrere Kinder in einem Klassenverband zuständig sein solle. Von 2024 bis 2028 soll Antragstellern ein Verfahrenlotse zur Seite gestellt werden.
Bei der Unterbringung und der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sprach Martin Frankenstein von zunehmenden Schwierigkeiten – vor allem bei der Betreuung – aufgrund fehlendem Personal. „Wir wissen, dass Schicksale dahinterstecken“, unterstrich er die großen Bemühungen und würdigte die freien Träger Jugendhilfe Creglingen, Caritasverband im Tauberkreis und Diakonie Main-Tauber-Kreis für ihr Engagement. Die Herkunftsländer seien nach wie vor Afghanistan und Syrien, afrikanische Staaten und die Ukraine spielten eine nachrangige Rolle.
Längere Verfahren
Die durchschnittliche Dauer bei Kinderschutzmaßnahmen habe zugenommen, so Frankenstein. Das liege an längeren familiengerichtlichen Verfahren. Positiv vermeldete der Jugendamtsleiter die Entwicklung bei der Schulsozialarbeit, für die es im Landkreis mittlerweile 28,5 Vollzeitstellen gebe.
Als ganz pragmatischen Kinderschutz bezeichnete der Jugendamtsleiter die Einsätze von Gesundheitsfachkräften und Familienhebammen im Bereich der Frühen Hilfen. Waren es 2017 noch 56 Einsätze, kletterten sie 2020 auf 102 und lagen 2022 bei 123 Einsätzen. Diese Mitarbeiterinnen wirkten präventiv.