Wertheim. In einer Verhandlung beim Amtsgericht Wertheim ging es um die Frage, ob ein Autofahrer verbotswidrig ein Smartphone nutzte oder sich aus einem Bonbondöschen bediente - "gegen den unangenehmen Geschmack im Mund nach dem Zahnarztbesuch".
Die Richterin hielt beide Versionen für möglich und sprach den 52-Jährigen frei. Der Bußgeldbescheid der Stadt Wertheim ist damit gegenstandslos.
Im Dezember befand sich der Geschäftsführer nach einem Zahnarzttermin in der Wertheimer Altstadt auf der Fahrt zu seiner Firma in Bestenheid. An der Kreuzung Odenwald-/Spessartbrücke, Rechtsabbiegerspur, musste er anhalten. Die Ampel zeigte Rot.
Kontrolle
Einige Meter davon entfernt standen, verdeckt durch das mehrteilige Kunstwerk, zwei Polizisten. Sie überwachten den Verkehr auf Rotlicht-, Sicherheitsgurt- und Telefonnutzungsverstöße.
Die beiden Beamten waren sich sicher, dass das, worauf der Betroffene in der rechten Hand in Brusthöhe schaute, ein Smartphone ist, und machten Meldung an Kollegen. Diese winkten mehrere hundert Meter weiter an der Bushaltestelle am Bestenheider Höhenweg den Fahrer heraus. Dieser verwies sofort auf ein silberfarbenes Bonbondöschen mit der Größe wie ein kleines Smartphones, aber dicker.
Die Polizei glaubte ihm nicht und erstattete Anzeige. Die Stadt Wertheim schickte wegen unerlaubten Telefonierens einen Bußgeldbescheid über 60 Euro (ein Punkt). Dagegen legte der Beschuldigte Einspruch ein.
In der Verhandlung nannte der 52-Jährige eine Jahreskilometerleistung von 80 000. Auf seinem "Konto" im Flensburger Fahreignungsregister befindet sich kein Eintrag.
Unsitte
Der Mann betonte nun mehrfach, dass er, wenn er selbst fahre, nicht telefoniere und diese Unsitte "wie die Pest hasse". Er schätzte den damaligen Abstand der beobachtenden Polizisten zu sich auf sechs bis acht Meter. Erst als er dort angehalten hatte, habe er zu dem Döschen gegriffen.
Die Polizei erwiderte, der Beschuldigte sei mit einem Smartphone - hochkant in der Hand liegend - angekommen. Das Mobiltelefon sei dort bis zur Weiterfahrt geblieben. Es habe auch keine Bewegung zum Öffnen eines Döschens gegeben. Den Beobachtungsabstand bezifferten die Beamten auf vier bis fünf Meter.
Die Richterin verkannte nicht, dass man ein Döschen quer hält, entschied aber trotzdem "im Zweifel für den Betroffenen".
Damit bleibt ungeklärt, ob der Mann zum genannten Zeitpunkt während des Zahnarztbesuchs eingegangene Nachrichten las. goe