Walldürn. Eine große Schar von Kunstinteressierten fand am Sonntag den Weg in die Galerie Fürwahr in Walldürn. Mit einer Vernissage eröffnete der Verein kunstreich e.V. dort seine erste Ausstellung 2023 „O schöner, grüner Wald“ mit den Künstlerinnen Mechthild Hart, Evelin Neukirchen und Gabi Weinkauf. Alle drei kommen aus dem Würzburger Raum. Ihre Arbeiten sind noch bis 21. Mai in der Galerie zu sehen.
Musikalisch war die außergewöhnliche Begrüßung: Auf Wunsch von Mechthild Hart interpretierte Ann-Kathrin Schneider (auch im Vereinsvorstand aktiv) mit Akkordeonbegleitung von Edi Farrenkopf das allseits bekannte Lied „O Täler weit, o Höhen...“ Selten hört man dieses Chorwerk von Mendelssohn in einer solch puristischen und gleichzeitig anrührenden Vortragsweise. Das vertonte romantische Eichendorff-Gedicht beschwor die Sehnsucht nach dem schönen, grünen Wald herauf und mit dem nahenden Frühling auch den Optimismus des Prinzips Hoffnung.
In das Werk eingeführt
Eine Einführung in die Projektidee unter dem Motto „O schöner, grüner Wald“ und die ausgestellten Werke des Trios gab Gunter Schmidt aus Tauberbischofsheim.
Zu Mechthild Hart sagte er: „Obwohl der Wald für sie eine der größten Inspirationsquellen darstellt, ist sie als Malerin an naturgetreuer Wiedergabe nicht interessiert. Ihre Beobachtung der Natur wie Baum, Busch und Boden filtert und verdichtet sie zu Empfindungen, die sie malerisch abstrahiert und reduziert Sie nimmt damit Bezug auf die Pflanzenwelt in ihrem Zusammenspiel inspirierender Gegensätze: Dicke Wurzeln in ruhender Kraft, filigrane Zweige vor hellem Himmel, brockige Rinde und feinblättrige Halme.
Von der Künstlerin empfunden als energievolle Zwischenräume. Dieses Dazwischen ist es, das Mechthild in ihre Malerei überführt, und zwar in starker Reduktion der Gegebenheiten. In der reduzierten Bildsprache chiffriert sie nicht nur die physische Präsenz der Natur, sondern symbolisiert auch die zeitlichen Prozesse des Werdens und Vergehens.“
Zu den Bildern von Evelin Neukirchen, für die der Wald ein grüne, im Herbst eine goldene Kathedrale ist, also Rückzugsort und emotionales Refugium, ganz im Sinne einer Seelenpflege, die den Menschen und eben auch sich selbst als eingebundenes Element der Natur versteht, führte er aus: „ Nichts ist eindimensional in der Wahrnehmung der Künstlerin. Die fragilen Seiten des schützenden Waldraums werden zunehmend offensichtlich. Sturm-entwurzelte Bäume, graubraun vertrocknete Baumkronen. Das sind keine pessimistischen Klischees; es ist die eine Seite der Realität. Und doch sieht man im Frühling, wie sich das Leben wieder seinen Platz erkämpfen will. Das System Wald erlebt eine fortwährende Transformation. Diese Wandlung ist beeindruckend und beglückend. Die Malerin reagiert darauf und transformiert dies in ihre halbabstrakte Bildsprache. Bei den hier ausgewählten Arbeiten bleibt die Farbe zurückgenommen. Das gebrochene, mit Ocker oder Grau getrübte Grün entspricht dem Anliegen und dem Thema der Ausstellung, bei der die Künstlerinnen hinweisen wollen auf die Ambivalenz zwischen Wellness und Destruktion.“
Die Installation „Der Wald steht schwarz und schweiget“, die Gabi Weinkauf zur Malerei ihrer Kolleginnen beisteuert, deutete G. Schmidt wie folgt: „ Eine künstlerische Installation, bestehend aus starr und senkrecht aufragenden Strünken. Eine Ansammlung abgewrackter Tannen, drastisch verfremdet durch den Überzug mit schwarzem Lack. Ein Trauermarsch von ehemals lebenden Hölzern. In den großformatigen Bildrahmen im Hintergrund finden diese sich wieder als armseliges Baumgerippe, als Abbild ihres eigenen Verfalls. Und die Landkarte lokalisiert nur eine von mehreren Regionen, in der diese Entwicklung möglich wäre. Eine Metapher über die Gefährdung der Natur, eine Mahnung, dass der Wald, dieses fantastisch biomassige Stück Natur, angesichts von Umweltfrevel und Klimawandel nicht zugrunde gehen möge“.
Eine reizvolle zusätzliche Exploration sind die Nester von G. Weinkauf, die sie anmutig und trickreich künstlerisch umformt. Dazu G. Schmidt: „Abgeleitet von der typischen Gestalt des Vogelnests spielt sie in mehreren Variationen dieses Prinzip durch. Natürliche Gräser und Zweige einerseits, wesensfremde Materialien andererseits. Das verweist einmal mehr auf Ambivalenzen, die nicht dem kuscheligen Klischee entsprechen. Dennoch hat insgesamt alles eine heitere, eine gewitzte Note, die sich auch im Titel der jeweiligen Objekte manifestiert, wie luxuriöses Nest, Soldatennest, oder Reibungsnest.“
Lieder mit Bezug zum Wald
Im weiteren Verlauf der Eröffnung verwöhnte das Duo Schneider/Farrenkopf sein Publikum noch einmal mit musikalischem Volksliedgut, immer in Bezug auf Wald und Natur. Die gut gelaunten Vernissage-Gäste konnten bei pikanten Häppchen und Erfrischungen ins Gespräch mit den Künstlerinnen kommen und sich über die zukünftigen Aktionen von kunstreich e.V. informieren. In diesem Jahr sind noch zwei weitere Ausstellungen geplant.
Vom Vorstandsteam des Vereins ging einmal mehr Dank an Martin Knörzer, der mit den Räumen seiner Galerie die Arbeit des Vereins im kulturellen Bereich so erst möglich macht. Die Arbeit der Aktiven im Vorstand hinter den Kulissen, wie den Ausstellungsaufbau, die Galeriedienste und die Versorgung der Galerie-Gäste würdigte Gaby Eder-Herold. Sie bestätigte den guten Backstage-Geistern: „Bei so viel Empathie für Kunst, Musik und Literatur können wir weiterhin guten Mutes außergewöhnliche Veranstaltungen planen. Es ist schön, harmonisch in einem guten Team arbeiten zu können“.