Der „Energiepark Neusaß II“ soll eine effiziente Nutzung bieten – Landwirtschaft und Stromproduktion sind auf einer Fläche zeitgleich möglich.
Gerolzahn/Neusaß. Der Energiepark Neusaß wurde im Jahr 2009 gebaut. Der damals größte Solarpark in Baden-Württemberg entstand in Kooperation zwischen den Stadtwerken Buchen und dem Landwirt Heinrich Hennig, ehemaliger Ortsvorsteher von Glashofen, Neusaß und Gerolzahn.
Die Landwirtschaftsfamilien Berres und Hennig, vertreten durch die Grundstückseigentümer und Privatinvestoren Thomas Hennig und Carolin Berres, werden mit den Stadtwerken Buchen und den Stadtwerken Walldürn nun das Gemeinschaftsunternehmen „Energiepark Neusaß II“ gründen. Dazu unterzeichneten die beiden Privatinvestoren sowie Rudolf Hußlein, neuer Geschäftsführer der Stadtwerke Walldürn, und Andreas Stein, Geschäftsführer der Stadtwerke Buchen, am Montag bei „Berres Nudeln – Reinhard Berres“ in Gerolzahn im Beisein der beiden Bürgermeister Roland Burger, Buchen, und Markus Günther, Walldürn, sowie Ortsvorsteher Erich Bundschuh den Konsortialvertrag. Die beiden Bürgermeister begrüßen die zukünftige interkommunale Zusammenarbeit und die Stadtwerkekooperation im Gemeinschaftsunternehmen.
Carolin Berres und Thomas Hennig, sowie die Stadtwerke Walldürn jeweils sind mit je 20 Prozent beteiligt. Die Stadtwerke Buchen halten 40 Prozent der Anteile.
Die Geschäftsführer des bestehenden Energieparks Heinrich Hennig und Andreas Stein sollen diese Position auch für den neuen Energiepark einnehmen.
Doppelte Antwort auf Klimawandel
Geplant ist eine „Agri-PV-Anlage“ mit einer Leistung von rund drei Megawatt peak, die eine gleichberechtigte Doppelnutzung der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion bei gleichzeitiger Stromerzeugung ermöglicht.
Geplant ist eine bifaziale, das heißt beidseitig nutzbar, senkrecht stehende Photovoltaikanlage in Ost-West-Ausrichtung, ein Konzept der Firma „Next2Sun“, bei der die Module auch direkte Sonneneinstrahlung auf der Rückseite in Strom umwandeln. Die bebaute Fläche wird deshalb um das sieben- bis achtfache geringer sein als bei einer klassischen PV-Freiflächenanlage.
Der rund zehn Meter große Abstand zwischen den Modulen soll für die Landwirtschaft weiterhin nutzbar sein. Damit könne eine doppelte Antwort auf den Klimawandel gegeben werden: Der Schattenwurf und der Schutz vor Westwinden kann Pflanzen zu besserem Wachstum anregen und gleichzeitig wird sauberer Strom produziert, erklärt Andreas Stein. Die landwirtschaftliche Fläche besteht aus Grün- und Ackerland. So könne die Grünfläche als Geflügelweide genutzt werden und auf den Ackerflächen niedrigwachsende Kulturen, wie Kartoffeln und Linsen angebaut werden.
Effiziente Standortwahl
Der Standort für das Projekt wurde durch die vorhandenen Netzanschlusskapazitäten direkt neben dem „Energiepark Neusaß I“ gewählt.
Der aufwendige Netzausbau wird damit vermieden und durch die Ausrichtung kann die Einspeisung in den Morgen- und frühen Abendstunden erfolgen und damit werden die vorhandenen Stromnetze effizienter genutzt.
Im August 2021 wurde Minister Peter Hauk, MdL, das Pilotprojekt vorgestellt (wir berichteten). Pilotanlagen eröffnen die Möglichkeit, im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung neue Erkenntnisse für die Landwirtschaft und den effizienten Netzbetrieb zu gewinnen. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz prüft derzeit Fördermöglichkeiten.
Der erzeugte Strom soll von den beteiligten landwirtschaftlichen Betrieben genutzt und über die beteiligten Stadtwerke regional, im Rahmen eines Green Power Purchase Agreements (Green PPA) und somit ohne gesicherte EEG-Vergütung, vermarktet werden. Über die ebenfalls am Projekt beteiligten Kommunen Buchen und Walldürn, sind alle Einwohner der Region mittelbar an den Stadtwerken, den traditionellen Energie-Gemeinschaften, und zukünftig auch an der Agri-PV-Anlage in Neusaß beteiligt. Die Wertschöpfung wird somit langfristig in der Region gehalten.
Hußlein ist überzeugt von Innovationen. „Auch wenn ich erst seit zwei Wochen im Amt bin, unterstütze ich dieses Projekt zu 100 Prozent“, erläutert er. Stein ist sich sicher, dass dieses Projekt einen Mehrwert für die ganze Region bietet. pm/sc