Seminar von DGB sowie Katholischer Arbeitnehmerbewegung und Arbeitnehmerseelsorge

Umbau der Wirtschaft muss „sozial-ökologisch-gerecht“ sein

Aktionstag „Minijob bringt Minirente“ am 24. März auf dem Tauberbischofsheimer Marktplatz geplant

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Odenwald-Tauber. Endlich konnten sich dieser Tage Vertreter von Gewerkschaften und Kirche wieder zu ihrem traditionellen Tagesseminar im Hotel „Das Bischof“ treffen. Die Corona-Pandemie hatte zu zwei Jahren Zwangspause geführt. Seit über vier Jahrzehnten führen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und die Katholische Arbeitnehmerseelsorge im Main-Tauber-Kreis ein gemeinsames Treffen zu einem aktuellen sozial- oder gesellschaftspolitischen Thema durch.

Silke Ortwein, DGB Regionsgeschäftsführerin, und Uwe Terhorst, Referent für Arbeitnehmerseelsorge, hatten dieses Seminar zum wiederholten Mal gemeinsam organisiert. Neben Silke Ortwein und dem KAB Diözesanpräses der Erzdiözese Freiburg, Pfarrer Friedbert Böser, blickten zwei Referenten auf Veränderungen die trotz anhaltender Krisen angepackt werden und vorangetrieben werden müssen.

Silke Ortwein betonte: „Die Klimakrise erfordere ein grundsätzliches Nachdenken über Arbeit und Wirtschaft im globalen Maßstab genauso wie im stark industriell geprägten Baden-Württemberg. Als Gewerkschaften setzen wir uns klar für mehr Klimaschutz ein.“ Die ökologische Herausforderung könne aus ihrer Sicht nur gelöst werden, wenn die soziale Dimension immer mitgedacht wird. Versuchen, Arbeit gegen Umwelt auszuspielen, erteilten die Gewerkschaften eine klare Absage. Eine Deindustrialisierung diene weder der Umwelt noch den Beschäftigten. Silke Ortwein ist sich sicher: „Der richtige Weg ist der Umbau des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg hin zu klimaneutralen Produktionsverfahren und Produkten.“

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„Um beim Fachkräftemangel nicht vom Spielfeldrand zuzuschauen, braucht es jetzt entschlossenes Handeln der Landesregierung. Weiterbildung und Qualifizierung müssen stärker unterstützt werden. Im Koalitionsvertrag hat Grün-Schwarz versprochen, Baden-Württemberg zum Musterland für gute Arbeit zu machen. Davon sind wir zwei Jahre nach der Landtagswahl noch ein gutes Stück entfernt“, so Silke Ortwein.

Vor dem Hintergrund, dass auch einige jüngere Teilnehmer anwesend waren, richtete Ortwein den Blick auf die jüngere Generation. Der Schlüssel zur Gewinnung von Fachkräften liege auch bei der jungen Generation. Viel zu lang habe es sich die Gesellschaft geleistet, junge Menschen in den Schulen auszusieben und von einer qualifizierten Tätigkeit auszuschließen. Dieser Ansatz ist aus ihrer Sicht gesellschaftlich gescheitert. Sie verwies darauf, dass nur noch die Hälfte aller Betriebe in Baden-Württemberg überhaupt ausbildungsberechtigt sei und lediglich jeder fünfte Betrieb im Lande noch ausbilde. „Dies muss sich rasch ändern“, betonte die engagierte Rednerin Silke Ortwein.

KAB Diözesanpräses Friedbert Böser aus Moosbronn, setzte sich zunächst mit der Frage auseinander, was eigentlich gerecht oder ungerecht ist? Weiter stellte er die Frage wann etwas „sozial“ oder wann etwas „asozial“ ist. Eine Antwort bietet die Katholische Soziallehre, die von folgenden Grund-Sätzen ausgehe: Der Mensch – von Gott geschaffen als Mann und Frau – ist Abbild Gottes (Gen 1).

Daraus folge: Jeder Mensch hat eine unverlierbare und unveräußerliche Würde. Jesus von Nazareth habe verkündet und vorgelebt, dass alle Menschen Schwestern und Brüder sind. Im ‚Vater Unser‘ bete man zum gemeinsamen Vater im Himmel. Jesus habe die vielen religiösen Gebote, die sich im Laufe der Jahrhunderte verselbständigt hatten, wieder auf ihren eigentlichen Kern zurückgeführt: Gott liebtalle Menschen. Alles Leben kommt von Gott und verdankt sich ihm.

Daraus folgere die Katholische Soziallehre: Der Mensch darf nicht „unter die Räder kommen“. Die erste Sozialenzyklika der Kirchengeschichte, „Rerum novarum“ von Papst Leo XIII (1891) stelle fest: Aus dem Produktionsprozess in den Fabriken geht die tote Materie veredelt hervor – während der lebendige Mensch verelendet. Deshalb fordert der Papst Maßnahmen zum Arbeitsschutz ein.

Der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI hab in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ (2009) darauf bestanden, dass es auch im Wirtschaftsleben keine ‚verantwortungsfreien Räume gibt.

In jeder Phase des Wirtschaftens solle es gerecht zugehen. Wenn diese Forderung erfüllt werden würde, dann bräuchte es keine Umverteilung und keine Entwicklungshilfe. Ziel allen Wirtschaftens ist das Gemeinwohl.

Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika „Laudato si“ (2015) erneut darauf hingewiesen, dass nach der Lehre der Kirche die Güter dieser Erde allen Menschen zugutekommen sollen. Deshalb sei der Privatbesitz kein absolutes Recht, sondern müsse seine gottgewollte soziale Funktion erfüllen. Zu diesen Gütern gehöre auch die Umwelt. Papst Franziskus formuliert sehr deutlich: „Die Umwelt ist ein kollektives Gut, ein Erbe der gesamten Menschheit und eine Verantwortung für alle. Wenn sich jemand etwas aneignet, dann nur, um es zum Wohl aller zu verwalten. Wenn wir das nicht tun, belasten wir unser Gewissen damit, die Existenz der anderen zu leugnen. Deshalb haben die Bischöfe von Neuseeland sich gefragt, was das Gebot Du sollst nicht töten bedeutet, wenn 20 Prozent der Weltbevölkerung Ressourcen in solchem Maß verbrauchen, dass sie den armen Nationen und den kommenden Generationen das rauben, was diese zum Überleben brauchen.

Schließlich stellte Friedbert Böser die Fragen, was zu tun sei? Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer formulierte die Antwort so: „Beten – und Tun des Gerechten. Beten ist nicht jedermanns Sache. In unserer Gesellschaft gilt es als Privatsache. Beten bedeutet eigentlich, Gott als Autorität über mir zu akzeptieren. Wenn ich bete, dann wird mir deutlich: Es ist nicht gleichgültig, wie ich mich im Alltag verhalte.“

Nach einer engagierten Diskussion stand fest, dass das Thema einer gerechten Gesellschaft die Teilnehmenden auch in Zukunft begleiten werde.

So betonten die Initiatoren der Tagung Silke Ortwein und Uwe Terhorst: „Wir erleben bei unseren Begegnungen in Betrieben einen massiven Umbau in der Wirtschaft und Arbeitswelt. Dies hat Auswirkungen auf die Beschäftigten und die Gesellschaft. Wir erleben aber auch, dass es sich lohnt, sich für gute Arbeitsbedingungen eine auskömmliche Entlohnung einzusetzen.“

Deshalb stehe der Aktionstag unter dem Motto „Mini-Job bringt Mini-Rente.