Als 1865 Wilhelm Heinrich Riehl durch das Taubertal wanderte, schrieb er: „Tauberbischofsheim ist enger, dunkler, altertümlicher angelegt als … Mergentheim; aber es verjüngt sich und wird wohl in wenigen Jahrzehnten…, eine halbwegs neue Stadt geworden sein.“ Das war die Perspektive für das 19. Jahrhundert.
Er wusste wohl nicht, dass Türmersturm und Schloss dem Modernisierungseifer der Stadtväter nur knapp entkommen waren. Anfang des 19. Jahrhunderts hatten wurde entschieden, alle Türme der Stadtbefestigung sowie die Stadtmauer zu verkaufen, da die großherzogliche Verwaltung kein Geld für die Ausbesserungen zur Verfügung stellte. Alles wurde abgerissen und verkauft, bis auf den Türmersturm. Im März 1848 sollte auch dieser versteiget werden. Die Versteigerung auf dem Schlossplatz wurde durch den Schreinermeister Zugelder und seine Freunde gesprengt. Die Stadt erwarb ihn kurze Zeit danach. Deshalb ist er als Wahrzeichen erhalten.
Die Stadtväter hatten (ausheutiger Sicht) mit dem Verkauf der Stadtbefestigung eine Entscheidung getroffen, die das Bild der Stadt radikal verändert hat.
1975 wurde auf Drängen der Stadtväter eine Umgehungsstraße für die B27 gebaut, wodurch die jetzige Hauptstraße in eine Fußgängerzone umgewandelt werden konnte. Eine Wohltat für uns alle heute. Meine These: in jedem Jahrhundert treffen die Stadtoberen eine Entscheidung, die weitreichende Folgen für die Zukunft der Stadt hat. Für das 21. Jahrhundert steht sie noch aus. Doch es kündigen sich Entwicklungen an, die durch die Bürger initiiert und gewollt werden, nicht durch die gewählten Vertreter. Dies ist der Bau eines Hallenbads, damit unsere Kinder schwimmen lernen und eine zusätzliche Attraktion für Touristen entsteht.
Zum Zweiten das sichere Radfahren in der Stadt, damit Radfahrer eine gleiche Wertigkeit bekommen wie Autofahrer; mit dem Nebeneffekt für Fußgänger und Rollstuhlfahrer. Die Investitionen müssen den Bürgern dienen, nicht nur dem Fünf-Sterne-Radweg.
Zum Dritten die Gestaltung der Innenstadt, die ein tristes Bild bietet mit vielen ungepflegten Häusern, den an einer Hand abzählbaren Blumenkästen, den Deko-Bäumchen ohne wirklichen Schatten, den furchtbaren Sitzdingern auf dem Marktplatz, dem Fehlen einer höherwertigen Gastronomie sowie eines echten Einkaufsangebots.
Zum Vierten ist es dringend geboten ein Konzept für Klima- und Umweltschutz zu entwickeln, um – als „Graswurzelbewegung“ – Beiträge für die lebenswerte Zukunft unserer Enkelkinder zu leisten. Die Bürger haben zu all diesen Dingen gute und realistische Beiträge anzubieten. Man muss sie nur hören wollen. Eine moderne Stadt bindet die Arbeitsebene (Bürger) mit ein, wie in jedem erfolgreichen Betrieb. Die Weichen für das 21. Jahrhundert müssen jetzt gestellt werden. Dazu braucht es Visionen.
Wir Bürger müssen alle ein bisschen wie Zugelder 1848 werden; uns rühren und weiter denken. Weiter so wie bisher bedeutet Niedergang. Wer trägt dafür die Verantwortung? Nicht die Bürger, sondern die Gewählten. Bis zur nächsten Wahl kann viel angeschoben werden. Also die Stadt „updaten“.