Vortrag der Gesellschaft für Sicherheitspolitik

„Kommen um Wehrpflicht nicht herum“

Historiker Matthias Hofmann sprach über die Zukunft der Nato

Von 
daw
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Niederstetten. Ist die Nato ein Erfolgskonzept mit Zukunft? Wie steht es um sie und was sind die Perspektiven für das Verteidigungsbündnis?

Diese aktuell sehr brisanten Fragen wurden jetzt in der Hermann-Köhl-Kaserne in Niederstetten beantwortet, wo das dort stationierte Transporthubschrauberregiment 30 mitverantwortlich für die schnelle Einsatzbereitschaft der Nato-Truppen ist.

60 sicherheitspolitisch Interessierte waren zur Veranstaltung der Sektion Taubertal der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) und von Oberst und Regimentskommandeur Lars Persikowski gefolgt und zum Vortrag des Orientalisten und Historikers Matthias Hofmann erschienen. 1949 gegründet, war die Nato während des Kalten Krieges fester Bestandteil der sicherheitspolitischen Architektur des Westens, erläuterte Hofmann.

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Mit dem Mauerfall und der wachsenden Überzeugung, „von Freunden umzingelt“ zu sein, wie es der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe ausdrückte, schien sich die Bedeutung der Nato zu marginalisieren.

„Lange Zeit wusste man nicht, wozu es die Nato überhaupt noch gibt“, gab der GSP-Sektionsleiter Wolfgang Krayer zu bedenken.

Der russische Angriff auf die Ukraine führe indes den Nato-Mitgliedstaaten die Notwendigkeit vor Augen, Zustand und Struktur des Bündnisses kritisch zu hinterfragen und anzupassen. Sichtbar wurde dies, so Hofmann, spätestens beim Nato-Gipfel im Juni 2022 in Madrid. Die Verantwortlichen entschlossen sich dort nicht nur dazu, fortan ernsthafte Anstrengungen zur Erfüllung der Zwei-Prozent-Klausel vorzunehmen, sondern auch die schnellen Einsatzverbände der Nato von 40 000 auf 300 000 Soldaten zu erhöhen. Dafür bedürfe es aber in zahlreichen Nato-Mitgliedsstaaten eine Erhöhung der militärisch ausgebildeten Frauen und Männer.

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei deshalb inzwischen wieder vielerorts ein diskutiertes Thema. Auch in Deutschland, so die Überzeugung des Referenten, „kommen wir um die Wehrpflicht oder eine allgemeine Dienstpflicht nicht herum.“ Zumindest dann, so Hofmann, wenn man ansatzweise in der Lage sein wolle, in einem Angriffsfall wehrhaft zu sein.

Die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands leide aktuell nämlich nicht nur an der mangelhaften Ausrüstung der Bundeswehr, sondern, wie Hofmann betonte, wohl auch an der grundsätzlichen Bereitschaft der deutschen Gesellschaft, ihre Wertvorstellungen und Überzeugungen notfalls auch militärisch zu verteidigen.

Zumindest in den deutschen Nachbarstaaten sähe dies glücklicherweise anders aus, resümierte Hofmann abschließend. daw