Fremdensitzung der „Rootzen“ - Nahezu alles war da, was Rang und Namen hat / Erster großer gemeinsamer Auftritt des Prinzenpaares

Ortsgeschehen auf Schippe genommen

Von 
Reinhard Haas
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Ihren ersten großen gemeinsamen Auftritt hatte das Oberlaudaer Prinzenpaar bei der Fremdensitzung der „Rootzen“.

Oberlauda. Wer der Meinung war, nach den letzten sehr erfolgreichen Jahren sei bei den „Rootzen“-Fremdensitzungen keine Steigerung mehr möglich, wurde am Freitag eines Besseren belehrt – und ein Ende der Fahnenstange ist noch nicht in Sicht.

Das hat sich natürlich herumgesprochen und dementsprechend groß war die Liste der örtlichen, närrischen Prominenz. Eigentlich war alles da, was Rang und Namen hat – und natürlich auch ein begeisterungsfähiges und begeistertes Publikum. Nicht zu vergessen Gastabordnungen aus dem Narrenring, Prinzenpaare, Präsidenten, Symbolfiguren, jede Menge Elferräte und Gardemädchen. Sie alle wurden bereits vor Sitzungsbeginn in der Kellerbar begrüßt.

Musiker sorgen für Stimmung

Durch den gesamten Abend begleitete die Musikkapelle Oberlauda unter Leitung von Maximilian Mohr, sie wärmte zum gemeinsamen Einzug richtig auf. Es wurde zum ersten Mal so richtig voll auf der Bühne, die optimale Umgebung und Stimmung für das von Präsident Holger Ebert geforderte und bei den „Rootzen“ seit Menschengedenken übliche obligatorische „dreimal kräftige Rootze – Helau“.

Narrenring- und „Strumpfkappenpräsident“ Stefan Schulz zeigte sich beim „Gag Lauda“ über Oberlauda verärgert und verschnupft, schließlich sei er der einzige und wahre „Schulz“. Das werde hier nicht gebührend akzeptiert, denn die „Rootzen“ bezeichneten den Bürgermeister als „Schulz“ und der FV werde auf seiner Homepage für einen „Schulz“-Kandidaten bei der Bürgermeisterwahl in Niederstetten. Deshalb wolle er selbst Schulz bei den „Rootzen“ werden, sich nach der Wahl dazu aus dem Stadtgebiet verabschieden, Oberlauda mit Beckstein, Heckfeld und Dittwar durch Tunnels verbinden und auf dem „Schmachtenberg“ einen Flugplatz bauen lassen. Logisch, dass er die Lacher und potenziellen Wähler auf seiner Seite hatte.

Bühne geentert

Das Prinzenpaar, nein ein Prinzenpaar, enterte die Bühne, vom Fanfarenzug Fränkische Herolde aus Kützbrunn, das wohl einen kurzfristigen personellen Engpass bei der NGO ausnutzen wollte – ohne Chance, wenn auch mit einer gehörigen Portion Sympathie beim Publikum. Die richtigen „Rootzen“-Regenten Prinzessin Karo I. und Prinz Tommy I. ließen sich dadurch nicht beirren. Vom Fanfarenzug und der Prinzen- und Jugendgarde auf die Bühne begleitet, stellten sich, ein Novum in der Kulturscheune, musikalisch vor, der Prinz und der Präsident an der Gitarre und die Prinzessin am Mikro. „Auf der schwäbschen Eisenbahne“ und das „Rennsteiglied“ waren noch der jeweiligen Herkunft geschuldet, danach ging es querbeet und gipfelte im Höhner-Song „Wenn nicht jetzt, wann dann?“.

Mitreißend

Danach begann das Programmfeuerwerk, und dem „Schnocken“-Tanzmariechen Ira Jonas gelang mit einer mitreißenden Choreografie ein grandioser Einstieg in den Abend.

Stadtrat Werner Kilb und sein Ex Kurt Breitenstein schwelgten in persönlichen Erinnerungen und machten dabei auch vor den eigenen Personen nicht halt. Von wegen Oberlauda sei 1275 Jahre alt. Neueste Grabungen im Quellgebiet Richtung Heckfeld hätten bereits ergeben, dass die Gründung des Ortes bereits 2015 vor Christus erfolgt sein müsse. Das bestätigte sogar ein Zeitzeuge, der überraschend aus den Wassern aufgetaucht sei. Davon unabhängig liefen jetzt schon die Planungen für das nächste Ortsjubiläum: 2025 solle die Erstürmung der Burg vor 500 Jahren gefeiert werden.

Die Geschichte „Vom Ei bis zur Vogelhochzeit“, ein dezenter Hinweis auf den aktuellen Orden, erzählte und ertanzte die Kindergarde der NGO – und das war nicht nur quirlige Bewegung pur, ganz einfach Spitze.

Das Ortsleben und das Älterwerden aus der Sicht eines Jugendlichen hatte sich Niklas Hellinger zum Thema ausgesucht – und war fündig geworden. Zum Beispiel beim Elferratsausflug mit nicht optimaler Planung vor allem beim so wichtigen Mittagessen, bei einem Werbeabend für Matratzen mit Pflichtanwesenheit für Funktions- und Würdenträger, beim Dorfjubiläum mit der Frage zur Gewinnoptimierung und seiner verzweifelten Suche nach Begleitpersonen für seinen Führerschein ab 17. Seinen Auftritt lockerte er selbst noch zusätzlich mit der Trompete auf.

Volkstümlich von der Musik her, beim Tanzen mit allen Schritten und Figuren, das zeigte die Jugendgarde der NGO bei ihrem Marschtanz. Grund genug für eine Zugabe und Orden und Küsschen für Sponsoren, Vertreter von Musikkapelle und Fanfarenzug und Pfarrer Stefan Märkl.

Der Jahresorden, wie ist er entstanden? Für Ortsfremde wurde extra dazu ein Film gedreht, spätestens jetzt weiß jeder, dass und warum man hier von den Zigeunern abstammt. Der „Wiedererkennungswert“ bei den darstellenden Personen und ihren Charakteren erzeugte wahre Begeisterungsstürme.

Sie haben nicht nur die schönsten Beine der „Rootzen“ und legten nicht nur den flottesten Tanz auf die Bretter, sie zeigten sich auch stolz in nagelneuen Outfit, die Prinzengarde beim Marschtanz. Das von Raphaela Dürr entworfene und von Anni Sack geschneiderte Kostüm war ein zusätzlicher Hingucker.

Start der zweiten Hälfte

Nach einer Pause startete der Fanfarenzug in die zweite Hälfte. Seit 50 Jahren ist er in Oberlauda ununterbrochen Stammgast, der aktuell älteste Aktive hat immerhin schon 48 Auftritte bei den „Rootzen“ auf dem Buckel.

Es wurde eng auf der Bühne: Die 16 Tänzer der Grünsfelder Garde kamen bei ihrem Schautanz mit den räumlichen Verhältnissen erstaunlich gut klar. Die Frage nach der „Zeit“ als Thema mit futuristischem Charakter wurde mit unwahrscheinlich viel Bewegung und Power interpretiert.

Was wäre in Oberlauda diese Kampagne ohne das Dorfjubiläum? Die Amigos lästerten über das aufwendig reparierte Mühlrad und die damit verbundenen Schwierigkeiten vor der Wiedereinweihung – und es steht schon wieder. Die alles andere als erfolgreiche Situation beim Fußballverein wurde genauso aufs Korn genommen und mit Leonhard Cohens „Halleluja“ musikalisch gesanglich untermalt wie ein eigener Abstecher bei der Firma „Holzmichl“ in Hettigenbeuren, in dessen Verlauf mehr oder weniger erfolgreich die äußere „Manneskraft“ der Besucher vermessen wurde. Und wie war das beim Präsident selbst? Bürgermeister Thomas Maertens wurde nachträglich mit dieser Aufgabe betraut mit dem Ergebnis, das Messgerät zeigte nicht die gewünschte oder erhoffte Länge, sondern lediglich die Körpertemperatur an.

„Urknalltheorie“

Die Prinzengarde hatte sich bei ihrem Schautanz der „Urknalltheorie“ verschrieben. Theorie hin oder her, die Realität auf der Bühne überzeugte und kein einziges Atomteilchen flog unkontrolliert durch die Gegend.

Er verfügt inzwischen über ein eigenes Hotel in Konstanz, hat immer die Augen und Ohren auf und ist üblicherweise über das Dorfgeschehen bestens informiert, der „Volapük“ Helmut Schmitt. Ob die illegale Katzenfütterung in Oberlauda mit der anfallenden Problementsorgung und dem damit verbundenen Angebot der Metzgerei Harry Ebert zu einem preisgünstigen Einkauf, wenn man die Wurstwaren in die Abfalltütchen packen lässt oder die Christmette mit winkendem Friedensgruß und Witz zum Schluss für die begeisterten Kirchenbesucher, er wusste Bescheid.

Oder wie war das mit der Renovierung des Mühlrades durch eine Laudaer Firma, die dabei 5600 Nieten verarbeitet haben will, etwa so viel wie Altlauda als Einwohner habe?

„Einer sucht die Liebe“ beim Elferrat, ob mit oder ohne Amor und dessen Pfeil, gegen Bezahlung oder mit telefonischer Aufforderung „ruf mich an!“. Egal. Die Männer interpretierten es auf ihre Weise, fantasievoll und fantastisch und so ganz ernst genommen wurden sie ohnehin nicht.

Finale nach fünf Stunden

Das Finale stand nach fünf Stunden auf dem Programm. Die Musikkapelle übernahm ein letztes Mal das Zepter und zu „Rootze Helau“, „Lustig ist das Zigeunerleben“ und dem „Narhallamarsch“ durfte noch einmal so richtig geschunkelt und gesungen werden.

Freier Autor Freier Mitarbeiter seit etwa 40 Jahren, hauptsächlich für den örtlichen Bereich des Lauda-Königshöfer Stadtteils Oberlauda. Weiterhin als Berichtverfasser für die "Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal" (Musikschule Lauda mit den Mitgliedsgemeinden Lauda-Königshofen, Boxberg-Wölchingen und Grünsfeld). Im Bereich des Badischen Chorverbands bin ich für den Sängerbund Badisch-Franken (ca 80 Vereine, Altkreis Tauberbischofsheim, Randgebiete Hohenlohekreis, Neckar-Odenwaldkreis und Kreis Heilbronn) als Pressereferent tätig. Beiträge von mir wurden auch schon in den Verbandsorganen des BFV (Im Spiel) und DFB veröffentlicht und als Ergebnis davon erhielt der Fußballverein Oberlauda vom DFB/Sepp-Herberger-Stiftung im vergangenen Jahr den 3. Preis in der Rubrik "Fußball Digital".

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