Im Gespräch

Igersheim: „Guter Wissenschaftler ist immer am Zweifeln“

Professor Dr. Florian Kleefeldt über Forschergeist, Harvard und Hoffnung für die Zukunft.

Von 
Renate Henneberger
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Josef Gabel (links) im Austausch mit Professor Dr, Florian Kleefeldt. © Renate Henneberger

Igersheim. „Wenn man in jungen Jahren so viel erreicht hat, gibt es da überhaupt noch hin und wieder Zweifel?“ Die Frage richtet Moderator Josef Gabel in einem sehr persönlichen Gespräch an den jungen Professor. Die Antwort kommt ohne Zögern: „Die Wissenschaft ist voller Zweifel. Ein guter Wissenschaftler ist immer am Hinterfragen und Zweifeln.“

Ein „Überflieger“, der bereits in früher Jugend nichts anderes im Sinn hatte, als Medizin zu studieren, sei er nicht gewesen - ein normaler Junge eben mit vielerlei Interessen, Familie, Freundeskreis und begeisterter Fußballer. „Ich besuchte die Grundschule Niederstetten, wechselte aufs Gymnasium Weikersheim und wusste nach dem Abitur noch nicht, was ich studieren wollte.“ Mit leichtem Grinsen in Richtung seiner Familie, die in der vorderen Reihe Platz genommen hat, fügt er hinzu: „Das heißt, meine Eltern, die wussten es schon.“ Das Fach Biologie habe ihn immer fasziniert. Trotzdem habe er sich für verschiedene Studienrichtungen beworben. „Als ich die Zusage von der Uni Würzburg bekam, habe ich den Gedanken an ein Studium im Flugzeugbau verworfen.“ 2010 startete er durch mit einem Studium der Medizin. „Wenn auch die moderne Medizin viele Krankheiten heilen kann, ist doch die Forschung ungemein wichtig, um Antworten auf bislang ungelöste Fragen zu finden. Diese Aufgabe hat mich gereizt.“

„Ich habe keine besonderen Talente. Ich bin nur leidenschaftlich neugierig“, behauptete Albert Einstein von sich. „Neu- und Wissbegierde sind die Triebfedern für einen Wissenschaftler“, findet auch der Professor. „Wenn ich etwas sehe, was meine Aufmerksamkeit erweckt, heißt es für mich dranbleiben. Als Wissenschaftler muss ich den Drang haben, hinter die Dinge zu blicken, etwas aus ihnen herauszukitzeln, nichts als gegeben hinzunehmen, Zweifel zuzulassen und ihnen nachzugehen.“ Mit dem Begleitstudium der „Experimentellen Medizin“ habe er sich für die biomedizinische Forschung qualifiziert. Würzburg mit seinen Forschungszentren und Biodatenbanken biete ihm ein ideales Forschungs- und Experimentierfeld. Zusätzlich ist der Wissenschaftler Dozent in vielen Lehrveranstaltungen. „Der Austausch mit jungen Leuten ist mir sehr wichtig und macht mir großen Spaß.“

Juniorprofessor wird man nicht so leicht. Als Kandidat muss man einige Voraussetzungen erfüllen, wie eine herausragende Promotion und eine nachgewiesene besondere Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten. „Wie geht es nun weiter mit der beruflichen Karriere?“, möchte Josef Gabel wissen. „Bei der Juniorprofessur handelt es sich um eine befristete Stelle mit Aussicht auf eine unbefristete Professur nach insgesamt sechs Jahren“, erklärt Professor Dr. Kleefeldt. „Sie wurde in Deutschland aus dem amerikanischen Bildungssystem übernommen.“ Er kommt auf seinen Aufenthalt am renommierten „Harvard Stem Cell Institute“ der Harvard Universität in Boston zu sprechen. Mit leuchtenden Augen spricht er von dieser einzigartigen Gemeinschaft junger Wissenschaftler, die dort zusammenkommt, sich austauscht, neue Erkenntnisse und Therapieansätze und damit neue Hoffnung für viele chronisch Erkrankten in die Kliniken bringt. „In Harvard wird eine tolle Netzwelle der Zusammenarbeit junger Forscher aller Nationen in Gang gesetzt, das ist wirklich einmalig.

Die nächste große Entwicklung wird von Amerika kommen.“ Die wegweisende Rolle der amerikanischen Wissenschaft führt er nicht zuletzt darauf zurück, dass man dort grundsätzlich bereit sei, mehr Kapital in diesen Bereich zu investieren. Doch die Zeichen für die Zukunft stehen schlecht. Donald Trump friert Fördergelder für wissenschaftliche Institute ein und zensiert Universitäten. Die Harvard-Universität setzt sich juristisch zur Wehr, denn gerade sie ist in seine Schusslinie geraden. Viel Böses geschieht auf der Welt. Aber dass junge kluge Köpfe sich in frei und unabhängig austauschen und forschen können – das ist gut! Diese Hoffnung gilt es zu erhalten in einer Welt, in der es die Freiheit schwer hat, in der man den Menschen vorschreiben möchte, was sie zu glauben, zu denken, zu sagen haben.

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