Gemeinderat

Auf dem Areal „Rauchwerk I“ in Freudenberg geht es in großen Schritten voran

Städtebaulicher Vertrag besiegelt. Straßenfasching bekommt neues Konzept – Umzug künftig am Faschingssamstag.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Die Bauleitplanung für das Gebiet „Rauchwerk I (Neue Stadtmitte)“ in Freudenberg geht in großen Schritten voran. © Birger-Daniel Grein

Freudenberg. Bei der städtebaulichen Entwicklung auf dem Areal „Rauchwerk I (Neue Stadtmitte)“ in Freudenberg geht es in großen Schritten voran. Am 4. November wurde der städtebauliche Vertrag mit dem Investor notariell unterzeichnet. In der Gemeinderatssitzung am Montag fasste das Gremium einstimmig den Satzungsbeschluss für den ersten Bauabschnitt (Containerparkplatz) sowie den Entwurfs- und Beteiligungsbeschluss für den zweiten großen Bauabschnitt. Bürgermeister Roger Henning stellte die zentralen Vertragsinhalte vor.

Die Bauleitplanung liegt in Händen der Stadt Freudenberg, während der Investor die Kosten für Planung, Abriss und Erschließung übernimmt. Für Einfamilienhäuser besteht eine Bauverpflichtung innerhalb von vier Jahren nach Vertragsabschluss. Auch die Wärmeversorgung ist vertraglich geregelt: Für die Mehrfamilienhäuser ist ein Wärmekonzept mit Nutzung oberflächennaher Geothermie über Erdwärmesonden in Kombination mit einem Niedertemperaturnetz vorgesehen. Die Vorlauftemperatur wird zentral durch eine Wärmepumpe erhöht, Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen unterstützen das System. Für Einfamilienhäuser besteht ein Anschlussangebot an das Wärmenetz, jedoch keine Anschlussverpflichtung.

Die Stadt Freudenberg erhält laut Vertrag kostenfrei verschiedene Flächen, darunter Erschließungswege einschließlich eines fünf Meter breiten Umfahrungswegs für den Hochwasserschutz sowie Grundstücke für Veranstaltungsgebäude, Sporthalle und Parkplatz. Zudem erhält die Stadt 700 Quadratmeter Hallenlagerfläche für den Hochwasserschutz. Der Investor beteiligt sich mit 150.000 Euro am Inklusionsspielplatz nahe der Schleuse und verpflichtet sich, ein 2.500 Quadratmeter großes, voll erschlossenes Grundstück für den Neubau einer Kita zu Herstellungskosten (maximal 150 Euro pro Quadratmeter) bereitzustellen. Alternativ wird auch der schlüsselfertige Bau zu Herstellungskosten angeboten. Insgesamt gehen 12.689 Quadratmeter der rund 43.000 Quadratmeter großen Gesamtfläche an die Stadt über.

Darüber hinaus kündigte der Investor einen intensiven Einstieg in die Umsetzung eines Ärztehauses an. Dort sollen die bestehende allgemeinmedizinische und internistische Praxis, die Sparkassenfiliale sowie optional eine Apotheke Platz finden. Die Planungen und weitere Schritte stellten Holger Fischer und Christoph Hick von Weimer Bau vor.

Urbanes Gebiet schafft Raum für Wohnen, Gewerbe und Freizeit

Im ersten Bauabschnitt (Containerplatz) entstehen fünf Grundstücke für Einfamilienhäuser. Hick blickte auf Verzögerungen im Verfahren zurück: Aufgrund gesetzlicher Änderungen infolge eines Gerichtsurteils musste das Verfahren komplett neu aufgesetzt werden. Inhaltlich orientiere sich das neue Konzept weitgehend am Entwurf von 2023, ergänzt um Reihenhäuser. Ein Teil des Areals wird als „Urbanes Gebiet“ ausgewiesen, in dem neben Wohnbebauung auch nichtstörendes Gewerbe, Veranstaltungsflächen und Sportangebote möglich sind. Vorgaben zu Nutzungsanteilen gibt es bewusst keine. Das Gebiet beginnt im Bereich der heutigen Kita und erstreckt sich Richtung Wertheim. Geplant sind unter anderem der Kitaneubau, eine Sporthalle, ein Veranstaltungsgebäude sowie das Ärztehaus. Daran schließt sich ein allgemeines Wohngebiet mit Ein-, Mehrfamilien- und Reihenhäusern an. „Es wird eine bunte Mischung an Wohnformen geben“, betonte Hick. Sollte sich bei der Vermarktung zeigen, dass bestimmte Wohnformen stärker nachgefragt werden, will man gemeinsam mit der Stadt Anpassungen vornehmen.

Vorgesehen ist, Parkflächen mit wasserdurchlässigem Belag zu gestalten und Heizölanlagen im Gebiet zu verbieten – auch aus Sicherheitsgründen bei Hochwasser. Für Flachdächer ist eine extensive Begrünung vorgesehen, Schottergärten werden untersagt. Zudem gilt ein Anpflanzungsgebot für 30 Prozent der Grundstücksfläche. Fischer erläuterte weitere Planungsdetails. So sollen die Häuser auf der Mainseite in mindestens einer Baureihe mit der Giebelseite zum Fluss ausgerichtet werden – eine Anlehnung an die traditionellen Fischerhäuser. Bürgermeister Henning hob hervor, dass die Kategorie „Urbanes Gebiet“ für Freudenberg von besonderer Bedeutung sei. „Wir wollen ein nachhaltiges, barrierefreies und modernes Quartier schaffen, das man auf dem Land nicht erwartet“, so Henning. In zehn Jahren werde die Stadt ein völlig neues Erscheinungsbild haben. Er rechnet damit, dass das Baurecht für den zweiten Bauabschnitt im ersten Halbjahr 2026 vorliegt. Die Vermarktung übernimmt die Firma „Werk Freudenberg am Main“. Am 4. Februar 2026 wird in der Turnhalle Freudenberg eine Bürgerversammlung stattfinden, in der die Planungen sowie die Ergebnisse der Offenlegung vorgestellt werden.

Umfassende Neuausrichtung beim Fasching

Beim traditionellen Straßenfasching mit Umzug in Freudenberg wird sich ab dem kommenden Jahr einiges ändern. Der Gemeinderat beschloss bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen eine umfassende Neuausrichtung der Veranstaltung. Zukünftig wird der Fasching nicht mehr am Rosenmontag, sondern am Faschingssamstag stattfinden. Startpunkt des Umzugs ist künftig der Wohnmobilstellplatz, von dem der Zug über die Hauptstraße bis in den Bereich des Rathauses zieht. Die Feierzone wird sich von der Pfarrgasse bis zur Mainbrücke erstrecken. Die Stände sollen wie bisher an ihren bisherigen Standorten bleiben, ebenso die Veranstaltungszeiten. Der Straßenfasching endet wie gewohnt um 18 Uhr, die Reinigung und Freigabe der Straße sollen bis etwa 19.30 Uhr abgeschlossen sein. Die Änderungen erfolgen im Rahmen des Haushaltskonsolidierungskonzepts der Stadt und dienen auch der Kostensenkung. Das neue Konzept stellte Klaus Weimer, Leiter des Fachbereichs II, dem Gremium vor.

Weimer erläuterte, dass die Verlegung auf Samstag mehrere Vorteile biete. An diesem Tag fänden in der Region keine anderen großen Veranstaltungen statt, weshalb man mit mehr Besuchern und höheren Einnahmen durch Eintrittsgelder rechne. Zudem sei der Rosenmontag bei der Firma Rauch – einem der größten Arbeitgeber der Stadt – ein regulärer Arbeitstag. Auch der neue Startpunkt bringe organisatorische Vorteile: Die Wege seien kürzer, der Umzug müsse keine längeren Strecken ohne Publikum mehr zurücklegen. Für den Verkehr seien nur begrenzte Sperrungen nötig: die Hauptstraße zwischen der Abzweigung Mainstraße und der Brücke, außerdem kurzfristige Sperrungen an den Querungen zur Zufahrt des Wohnmobilstellplatzes und an der Brücke. Lediglich Lkw aus Richtung Miltenberg müssten überörtlich umgeleitet werden; Pkw werden entlang der Straße am Main umgeführt. Der Straßenfasching 2024 hatte die Stadt – einschließlich der Leistungen des Bauhofs – rund 32.800 Euro gekostet. Durch die Änderungen rechnet man künftig mit einem Zuschussbedarf von nur etwa 25.000 Euro – ohne mögliche Mehreinnahmen durch zusätzliche Besucher. 2025 dient aufgrund des Jubiläums „50 Jahre Straßenfasching“ (mit freiem Eintritt) nicht als Vergleichsjahr.

Eintritt für Zugteilnehmer umstritten

Zur weiteren Einnahmensteigerung hatte die Verwaltung vorgeschlagen, auch von den Zugteilnehmern Eintritt zu verlangen – ein Vorgehen, das laut Bürgermeister Roger Henning in anderen Städten bereits üblich sei. Dieser Vorschlag stieß jedoch im Gemeinderat auf deutliche Kritik. Hartmut Beil (SPD) zeigte sich mit dem neuen Gesamtkonzept einverstanden, sprach sich aber dafür aus, die Eintrittsfrage zunächst zurückzustellen und ein tragfähiges Konzept in späteren Beratungen zu entwickeln. Ellen Schnellbach (CDU), die den Straßenfasching seit 50 Jahren aktiv begleitet, plädierte ebenfalls dafür, im ersten Jahr der Neuerung auf Eintrittsgelder für Zugteilnehmer zu verzichten. Sie bedauerte, dass viele Teilnehmer ihre Getränke selbst mitbringen und nach dem Umzug an ihren Wagen weiterfeiern, anstatt die örtlichen Angebote zu nutzen. Statt Eintritt zu erheben, solle man die Teilnehmer motivieren, Speisen und Getränke vor Ort zu kaufen. Margarete Schmidt (CDU) lobte die Verlegung des Straßenfaschings auf Samstag, lehnte aber ebenfalls Eintrittsgelder für Zugteilnehmer ab. Diese investierten bereits viel Zeit und Geld in Wagenbau und Kostüme. Roland Hildenbrand (CDU) und Siegfried Berg (CDU) äußerten grundsätzlich Kritik an den hohen Ausgaben der Stadt für die Veranstaltung. Hildenbrand verwies auf das Beispiel Wertheim-Mondfeld, wo der Umzug ohne finanzielle Beteiligung der Stadt stattfinde. „Warum schafft das Freudenberg nicht?“, fragte er. Berg ergänzte, dass am Faschingssamstag parallel ein Umzug in Ebenheid stattfinde. Peter Eckert (CDU) entgegnete, die Bedingungen in Mondfeld und Freudenberg seien nicht vergleichbar. Der Straßenfasching sei ein fester Bestandteil der Freudenberger Kultur und solle so gestaltet werden, dass er wieder an seine Anfänge vor 50 Jahren anknüpfe. Weimer und Henning betonten, man versuche weiterhin, das Problem der Partys an den Wagen und des Mitbringens von Alkohol besser in den Griff zu bekommen. Trotz verschiedener Maßnahmen sei dies bislang nicht gelungen; man werde neue Ansätze prüfen, um hier gegenzusteuern. Bürgermeister Henning hob hervor, dass die Tradition trotz Herausforderungen fortgeführt werden solle: „Der Straßenfasching gehört zu Freudenberg – wir wollen ihn weiterentwickeln, nicht abschaffen.“ Das neue Konzept wurde im Vorfeld mit der Polizei abgestimmt, die ihre Zustimmung gab. Durch die Verlegung könne auch dort Personal für die Höhenkontrollen eingespart werden. Das Sicherheitskonzept soll 2026 unverändert fortgeführt werden. Der Gemeinderat beschloss mehrheitlich, das neue Konzept umzusetzen. Ein Eintrittsgeld für Zugteilnehmer wird 2026 nicht erhoben. Über das weitere Vorgehen in den kommenden Jahren soll das Gremium zu gegebener Zeit erneut entscheiden.

Im Gemeinderat kurz notiert

  • Der Pausenhof der Lindtal-Schule wird im Zuge der Umgestaltung für das Ganztagsangebot mit einem neuen großen Spielgerät ausgestattet. Die Spiel- und Kletterkombination der Firma Westfalia Spielgeräte besteht aus Recyclingkunststoff aus Lebensmittelverpackungen und kostet einschließlich Fallschutzmaterial rund 22.300 Euro. Das Material gilt als besonders langlebig; der Hersteller gewährt eine Garantie von 20 Jahren.
  • Die Ingenieurleistungen für die Kanalsanierung in der Eichwaldstraße (Leistungsphasen 5 bis 9) wurden an Walter Ingenieure, Tauberbischofsheim, vergeben. Die zuwendungsfähigen Kosten belaufen sich auf rund 497.000 Euro, der für 2025 bewilligte Zuschuss beträgt 311.000 Euro. Aufgrund des schlechten Straßenzustands empfehlen die Stadtwerke und das Ingenieurbüro einen Vollausbau der Straße. Fördermittel aus dem Ausgleichsstock werden derzeit geprüft und sollen dem Gemeinderat zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt werden.
  • Einstimmig genehmigte der Gemeinderat den Verkauf einer Fläche auf Freudenberger Gemarkung bei Rauenberg für den Bau eines Umspannwerks. Das Grundstück umfasst rund 5.040 Quadratmeter und dient der Einspeisung der Freiflächen-PV-Anlage in Eichenbühl. Auch neue Windkraftanlagen könnten künftig über das Umspannwerk eingespeist werden. Die Fläche liegt außerhalb der Sichtweite der Wohnbebauung. Der Ortschaftsrat Rauenberg befürwortete den Verkauf. Das Grundstück gilt als Alternative, nachdem ein Standort näher am Dorf zuvor auf Widerstand in Bevölkerung und Ortschaftsrat gestoßen war.
  • Mit einer Gegenstimme verabschiedete der Gemeinderat den neuen Winterdienstplan für die Gesamtstadt. Aufgenommen wurden nur noch Straßen und Gehwege, die nach gesetzlichen Vorgaben sowohl für die Öffentlichkeit verkehrswichtig als auch gefährlich sind – gefährlich bedeutet hierbei, dass selbst Fahrzeuge mit Winterausrüstung (einschließlich Schneeketten) bei angepasster Fahrweise gefährdet wären. Durch diese Anpassung lassen sich künftig mindestens 4.500 Euro pro Jahr einsparen.
  • Rolf Döhner (CDU) forderte, die Anerkennungsangebote für Ehrenamtliche in Freudenberg auszubauen – insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene. Aufgrund von Ausbildung oder Berufswechseln könnten viele junge Engagierte die langen Einsatzzeiten für die Bürgermedaille nicht erreichen. Die Stadtverwaltung soll prüfen, wie man kurzfristigere und praxisnahe Anerkennungen gestalten kann, die gerade für junge Menschen attraktiv sind. Bereits früher hatte der Vorsitzende eines Freudenberger Vereins mit Schwerpunkt Jugendarbeit vorgeschlagen, ab einer bestimmten Zahl ehrenamtlicher Stunden Saisonkarten für den Badesee zu vergeben. Der Vorschlag wurde nach Beratung im Verwaltungsausschuss nicht weiterverfolgt. Bürgermeister Roger Henning verwies auf die Ehrenamtskarte Baden-Württemberg, über die derzeit in der Region jedoch keine Vergünstigungen bestehen. Neben der Bürgermedaille gebe es bereits weitere Formen der Anerkennung, die man erneut prüfen wolle, so Henning.
  • Zum Schluss informierte Döhner über eine Einladung des neuen Eigentümers der „Alten Schule“ Boxtal. Am 23. November ab 15 Uhr wird das Gebäude der Öffentlichkeit vorgestellt und gewährt Einblicke in die neuen, zu Wohnungen umgebauten Räumlichkeiten. bdg

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