Buchen. Hans und Hedwig Kilgus haben ihren Ruhestand in vollen Zügen genossen: Sie waren mehrmals mit dem Kreuzfahrtschiff in ganz Europa unterwegs, verbrachten jahrelang die Wintermonate auf Gran Canaria. In diesem Jahr fliegen sie zum ersten Mal nicht Anfang Dezember auf die spanische Insel. Bei Hans Kilgus wurde vor rund fünf Jahren die Parkinson-Krankheit diagnostiziert. Die Erkrankung äußert sich bei dem 84-Jährigen oft nicht mit dem klassischen Zittern, sondern mit Bewegungsstörungen und Muskelsteifheit. Zudem leidet Hans Kilgus an der feuchten Makula, einer chronischen Netzhauterkrankung, die zunehmend zum Sehverlust führt. Das alles hat dazu geführt, dass er inzwischen pflegebedürftig ist. Er wird zuhause von seiner Frau betreut. „So lange ich das alles machen kann, unterstütze ich ihn, wo ich kann“, sagt seine zehn Jahre jüngere Frau Hedwig im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten.
Das große Ziel sei es, dass die beiden gemeinsam ihr Leben in den eigenen vier Wänden noch so lange wie möglich genießen können. Schon vor 15 Jahren haben sie sich Gedanken über das Wohnen im Alter gemacht. Sie sind von einer Wohnung im vierten Stock in Osterburken nach Buchen gezogen, auch wieder in den vierten Stock. „Aber wir haben einen Aufzug. Der ist Gold wert“, sagt Hedwig Kilgus. Sie wohnen zur Miete, müssen also nicht einen Garten oder ein großes Grundstück pflegen. „Ein Haus hätte sich für uns zwei einfach nicht gelohnt“, erklärt die 74-Jährige. Ihre Tochter lebt in Karlsruhe.
Nach der Diagnose mussten sie ihr Leben umstellen
Die Diagnose Parkinson war für das Ehepaar ein Schock. „Man muss sein Leben umstellen, aber man wächst in diese Aufgabe hinein“, sagt Hedwig Kilgus. Es habe Tage gegeben, an denen sie daran gezweifelt habe, ob sie die Pflege zuhause noch allein schaffe. Ihr Mann habe im Frühjahr eine schwierige Phase mit Schlafstörungen durchgemacht, in der es ihm auch psychisch nicht so gut gegangen sei. Durch eine Umstellung der Medikamente habe er die Symptome inzwischen in den Griff bekommen.
Zahlen zur Pflege
- Im Neckar-Odenwald-Kreis gibt es laut einer Veröffentlichung des Statistischen Landesamtes 11.147 Pflegebedürftige , 9.404 davon werden vorwiegend zuhause versorgt. Die Zahl der zuhause Versorgten ist noch einmal unterteilt: 5.655 davon werden durch Angehörige gepflegt, 2.330 durch ambulante Pflegedienste und 1.419 durch sonstige.
- Die Zahl der Pflegebedürftigen im Main-Tauber-Kreis beträgt laut Statistischem Landesamt 9.448 . Davon werden 7.888 vorwiegend zuhause versorgt. Die Zahl der zuhause Versorgten ist unterteilt: 4.672 davon werden durch Angehörige gepflegt, 2.044 durch ambulante Pflegedienste und 1.172 durch sonstige.
- Pflegebedürftige, die nicht ausreichend Geld für die Pflege zur Verfügung haben, können bei den Landkreisen Geld beantragen, die sogenannte Hilfe zur Pflege . Im Main-Tauber-Kreis haben 441 Personen Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Anspruch genommen (Stand 31. Dezember 2025), 36 Personen haben dies für die ambulante Hilfe zur Pflege getan. Im Neckar-Odenwald-Kreis haben in diesem Jahr 483 Personen Leistungen der Hilfe zur Pflege in Anspruch genommen. mg
Hans Kilgus kann das Haus allein nicht verlassen, dafür ist er zu wackelig auf den Beinen. Ein großes Problem sind dabei auch seine Augen: Durch die chronische Netzhauterkrankung sieht er auf dem einen Auge gar nichts mehr, auf dem anderen nur noch 60 Prozent. „Auf der einen Seite sehe ich nur schwarz“, beschreibt der 84-Jährige. Alltägliche Dinge, wie Briefe lesen, Behördengänge oder auch Fernsehschauen wurden dadurch für ihn zur Herausforderung. Bei all dem ist ihm seine Frau eine große Hilfe.
Die Tagespflege ist eine Entlastung im Alltag
Um aber auch Hedwig Kilgus ab und zu eine Pause zu gönnen und sie zu entlasten, geht der 84-Jährige seit Sommer in die Tagespflege des Pflegedienstes „Hand in Hand“ in Buchen. Dienstags und donnerstags wird er jeweils am Morgen abgeholt. „An diesen Tagen kann ich mich um alltägliche Dinge kümmern, zum Beispiel einkaufen gehen“, erklärt die 74-Jährige. In der Tagespflege essen die Besucher zusammen, und es gibt verschiedene Beschäftigungsangebote. Besonders viel Spaß macht Hans Kilgus das Singen. Deshalb freut er sich schon auf die bevorstehende Vorweihnachtszeit, in der viele alte, klassische Weihnachtslieder gesungen werden. Zudem kommt regelmäßig der Pflegedienst zu ihnen nachhause, um sie zu unterstützen. Einmal in der Woche kommt eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes und duscht ihn. Mit der Betreuung sind die beiden sehr zufrieden.
Auch wenn es Hans Kilgus irgendwann durch die Parkinson-Erkrankung schlechter gehen sollte, heißt das noch lange nicht, dass er gleich ins Pflegeheim muss. „Da ist, was die Leistungen angeht, noch viel Luft nach oben“, sagt Pflegedienstleiterin Anna-Lena Beck. Wenn Hedwig Kilgus irgendwann nicht mehr so fit sei, bestehe zum Beispiel die Möglichkeit, Hilfe im Bereich Hauswirtschaft in Anspruch zu nehmen.
Doch so weit ist es noch lange nicht. Dem 84-Jährigen geht es den Umständen entsprechend gut. Und für ihn steht fest: „Meine Frau ist meine beste Betreuerin.“
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