Umpfertalschule

„Boxberger Modell“ will Heterogenität der Schüler gerecht werden

Im Unterricht betreuen Lehrer und pädagogische Fachkräfte die Kinder und Jugendlichen und unterstützen sie in ihrer Entwicklung

Von 
Linda Hener
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Die Umpfertalschule Boxberg verfolgt ein besonderes Schul- und Unterrichtsmodell mit pädagogischen Fachkräften, um die Heterogenität der Schülerschaft aufzufangen.

Boxberg. „Das, was wir hier an der Schule anbieten, ist in Baden-Württemberg wohl einmalig“, erklärt Andreas Böhrer, Rektor der Umpfertalschule Boxberg. Die Verbundschule, die Grund- und Realschule vereint, startete 2012 mit einem eigenen Konzept, um besser mit der gestiegenen „Heterogenität“, also der Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler aufgrund von Lernschwierigkeiten oder biografischen und familiären Hintergründen, umgehen zu können – und baute es kontinuierlich aus.

Kinder wahrnehmen

„Wir hatten stets den Anspruch, dass jedes Kind in Boxberg unsere Schule besuchen kann. Daher wurden Sozialarbeiter, Kindheitspädagogen und Erzieher mit Zusatzqualifikationen eingestellt, die die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen können“, so Böhrer. „Bei uns steht der Mensch und seine Förderung im Mittelpunkt, nicht das Wissen.“ Er halte es für zentral für den jeweiligen Lernerfolg, dass Kinder „wahrgenommen werden“ und niemand in der Klasse untergehe oder sich verstecke. Dafür arbeite die Schule in ihrem „Boxberger Modell“ auch eng mit den Eltern zusammen.

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Im Laufe der Jahre begannen die pädagogischen Fachkräfte sich neben ihren „klassischen Aufgaben“, wie der Einzelfallhilfe durch Gespräche, mit den Lehrkräften der Umpfertalschule in sogenannten multiprofessionellen Teams abzustimmen. 2021 schuf die Stadt Boxberg schließlich zwei weitere Stellen, die es möglich machten, dass der Unterricht in den Hauptfächern der Klassen 5 bis 10 durchgängig von pädagogischen Fachkräften mitbetreut wird.

Das bedeutet in der Praxis, dass in einer Klassenstufe von rund 45 Kindern drei Fachkräfte für eine Einheit vorgesehen sind. Alle zwei Wochen tauschen sie sich darüber hinaus über den Leistungsstand und die Bedarfe der Kinder aus. Andreas Böhrer stellt fest, dass es gar nicht so einfach ist, für dieses besondere und noch immer dynamische Schulkonzept Stundenpläne zu erstellen. Für die Lehrerinnen und Lehrer käme es dadurch „zu mehr Hohlstunden als an anderen Schulen, aber diese Zeit werden für weitere Arbeiten und Rücksprachen genutzt.“ Überhaupt mache die Erfolgsgeschichte der Teams den Zusatzaufwand auf jeden Fall wett.

Unterricht mit Checklisten

„Seit vielen Jahren arbeiten wir im Unterricht mit Checklisten“, erklärt Stephanie Brunkhorst, eine Lehrerin der Schule und Leiterin der Fachschaft Englisch, das Vorgehen im Unterricht. Dadurch wüssten die Kinder für einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen „wo starten wir, wo wollen wir hin.“ Materialien seien in Buchform vorhanden und ebenso digital hinterlegt, worauf die Schülerinnen und Schüler durch Tablets zugreifen könnten. „Die digitalen Medien steigern die Motivation, aber natürlich sollen die Kinder auch noch schreiben und mit den Händen tätig werden. Es ist bewiesen, dass sich Lerninhalte so besser einprägen.“

Anfangs sei es für einige Personen im Lehrerkollegium verständlicherweise befremdlich gewesen, dass weitere Personen im Unterricht dabei seien, berichtet der Schulleiter. „Es geht darum, loslassen zu können und das Vertrauen, die Kinder in die Obhut anderer zu geben. Schlussendlich bringt es aber nur Vorteile“, weiß Stephanie Brunkhorst. So sei sie beispielsweise rechtlich abgesichert, wenn sie mit einzelnen Schülerinnen und Schülern zu kurzen Gesprächen den Raum verlasse. Und ein weiterer Blickwinkel durch die pädagogischen Fachkräfte helfe weiter, die Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern.

Nadine Wagner ist eine solche pädagogische Fachkraft. „Sie ist ein Glücksgriff für uns“, ist Rektor Böhrer begeistert. „Sie hat ein abgeschlossenes Bachelor-Gymnasialstudium in Englisch und danach eine Ausbildung als Erzieherin absolviert.“ Bürgermeisterin Heidrun Beck, die beim Vor-Ort-Termin dabei ist, stimmt zu: „Sie bringt den Blick aufs Kind mit, hat aber auch die fachliche Kompetenz, damit ist sie Gold wert.“

Neben der Unterrichtsunterstützung und den Einzelgesprächen hat Nadine Wagner noch weitere Aufgaben, wie die Kommunikation mit den Eltern, ist Bindeglied zu Institutionen, wie dem Jugendamt, bietet freiwillige Trainings an, zum Beispiel zum Thema Konzentration, und organisiert Angebote zu beispielsweise Mobbingprävention.

Für Nadine Wagner ist es „der tollste Job“ der Welt, weshalb sie auch bei Studienbekannten Werbung dafür macht. Aufgrund des breiten Profils habe sie sich dafür beworben und sei aus der Würzburger Umgebung extra in die Region gezogen.

Derzeit ist eine pädagogische Stelle offen, betonen die Verantwortlichen. Eine, die nicht spezifisch ausgeschrieben sei: „Jemand, der einen technischen Beruf gelernt und eine pädagogische Ausbildung gemacht hat, wäre wünschenswert“, meint Andreas Böhrer.

Klassenzimmer umgestalten

Bald sollen übrigens die Klassenräume für das Modell umgebaut werden, wodurch unter anderem offene Lerninseln entstehen, da die Gruppen, in denen gelernt wird, in der Zusammensetzung stets variieren - schon jetzt stehen die Türen der Klassenräume deshalb immer offen.

„Der Gemeinderat wird in seiner kommenden Sitzung über den nächsten Planungsschritt zum Schulhausumbau beschließen“, schildert Bürgermeisterin Heidrun Beck den Stand und bestätigt den Eindruck: „Wir stehen komplett hinter dem Modell, das die Schule hier umsetzt.“

Freie Autorin

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