Bad Mergentheim. Das aus dem Französischen stammende Wort „Mirage“ bedeutet so viel wie Luftspiegelung oder auch Selbstbetrug. Von daher gut gewählt als Titel der Travestieshow im Kursaal. Klar, die Damen waren nicht echt – und alle wussten es. Deswegen waren sie ja gekommen, die rund 350 Zuschauer. Und sie bekamen zu sehen und zu hören, was sie erwarteten. Manchmal sogar ein bisschen mehr.
Die Mirage-Show, sie war ein heiterer Selbstbetrug, der jede Menge Spaß machte, auch wenn’s bisweilen etwas derb wurde. Aber das gehört zum Spiel, zur Travestie – genau so wie jede Menge Pailletten, Perücken, raffiniert geschnittene Kleidung (natürlich mit langem Schlitz im Kleid oder als Extrem-Mini) und viel, ja sehr viel Make-Up.
Ohne Vamp
Auf dem Plakat waren ein Trio angekündigt – Miss Monique, Miss Starlight, und – ohne geht’s nicht in der Szene – Regina Red, der rothaarige Vamp. Letztere(r) fiel aus, dafür war Donna Deluxe mit dabei – und sogar eine echte Frau, nämlich die Managerin der Truppe. Außerdem holten sich die Akteure Mitwirkende aus dem Publikum auf die Bühne – und die machten ihre Sache gut, das sei bereits an dieser Stelle verraten.
Miss Monique wirkte als Conferencier, unterhielt und führte mit flotten Sprüchen, Anzüglichkeiten sowie Frivolem durch den Abend, und diese ordnende Hand erwies sich als Glücksfall für das Publikum. Das wurde nämlich stets gut eingestellt auf das, was folgte.
„Wir sind keine Frauen, ich zum Beispiel bin eine Dame“, sagte Miss Monique gleich zu Beginn, nachdem zur Einstimmung aus dem Off auf Musik, Comedy, Travestie, Show und „lustvolle Blicke“ hingewiesen wurde. Das alles gab es reichlich, teilweise mit Zuschlag.
Reichlich Spaß dabei
Wie lässt sich die Show beschreiben? Vielleicht so: Die Gesangsstücke Ballermann-tauglich (nein, „Leyla“ wurde nicht angestimmt!), die Sprechtexte oft lasziv, manchmal derb-frivol, jedoch nie verletzend oder gar herabwürdigend. Und egal, ob die Künstler als Heino, Whitney Houston, versoffenes Möchtegern-Starlet oder schwergewichtige frustrierte Ehefrau, als arrivierte Dame oder etablierter Star auftraten, stets war reichlich Spaß dabei.
Bierernst war da nichts, und die Show erreichte ihr selbstgestecktes Ziel, dem Publikum einfach Spaß zu bereiten und sie die Alltagssorgen mal vergessen zu lassen, voll und ganz. So kamen die Besucher schnell in eine Stimmung, die den Wunsch zum Mitmachen spürbar werden ließ. Dazu angeregt, ja fast schon angenehm aufgefordert, wurden die Besucher auch direkt, denn von der Bühne herab spähten die Damen mit Argusaugen auf– vermeintliche – Opfer. Die nahmen’s gelassen und machten gerne mit. So auch ein Michael aus der ersten Reihe. „Wie blöd muss man sein, sich als Mann bei einer Travestie-Show in die erste Reihe zu setzen? Na, mit dir werden wir heute noch viel Spaß haben“, sülzte Miss Monique – und der angesprochene Michael amüsierte sich königlich über die unerwartete Aufmerksamkeit. Zwei andere Herren aus dem Publikum wurden sogar auf die Bühne geholt, hatten also ihren eigenen Auftritt. Die von den Damen auf der Bühne angestimmten Lieder, die der Reporter allesamt – wo und wann auch immer das gewesen sein mag – schon mal gehört hatte, waren den meisten im Saal mehr als wohlbekannt, denn viele sangen begeistert mit. Die deutsche Hitparade aus den 70er, 80er und 90er Jahren muss auch jungen Leuten noch Freude bereiten, denn die – gar nicht so wenigen – Twens im Saal gingen voll mit. Überhaupt: Das Publikum war altersmäßig gesehen auffallend bunt gemischt, wenn auch die Ü50-Generation natürlich die Mehrheit bildete.
Bleibt als Fazit: Die Mirage-Show hat Spaß gemacht. Beim Zuhören, beim Hinschauen und beim nachträglichen Revue passieren lassen. Manche optischen Gags und Wortspiele hatten nämlich einen Zeitzünder eingebaut. Da musste das Uhrwerk einfach ein bisschen ticken, um dann ein ganz entspanntes Lachen auszulösen. Und die Frage von Miss Monique, ob die schräge Truppe denn wiederkommen solle, wurde vom Publikum einstimmig mit einem klaren „Jaaaaaa!“ beantwortet.