Helden der Corona-Krise - Timo Ludwig, Bestatter aus Lauda, wartete zu Beginn der Pandemie vergeblich auf Anleitungen zur richtigen Vorgehensweise

Bestatter Timo Ludwig: „Es fehlt die Nähe"

Von 
Christopher Kitsche
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Lauda-Königshofen. Einen geliebten Menschen zu verlieren ist nicht leicht. In Zeiten der Corona-Krise wird das ohnehin schon seelisch äußerst belastende Abschiednehmen noch einmal zusätzlich erschwert. Die besonderen Umstände am Grab verlangen viel Kraft von den trauernden Angehörigen. Beerdigungen dürfen wegen der Kontaktbeschränkungen nur im engsten Familienkreis stattfinden. Die in der Trauer oftmals sehr hilfreiche, tröstende Anteilnahme von Freunden und Bekannten fehlt.

Zunächst nur wenig Anleitung

Doch nicht nur für die Angehörigen selbst, sondern auch für die Bestatter sind die Verordnungen eine große Herausforderung. Timo Ludwig, der ein solches Unternehmen in Lauda führt, musste sich zu Beginn der Krise erst einmal ganz auf sich allein gestellt informieren, was die Pandemie für die praktische Arbeit im Umgang mit den Toten und auch mit den Menschen, die um sie trauern, überhaupt bedeutet. „Es gab am Anfang keine konkrete Anleitung, wie wir uns verhalten sollen. Das Gesundheitsamt war nur schwer erreichbar und konnte dann auch nur sehr allgemeine Aussagen darüber treffen, was zu tun ist. Uns hat man vergessen und ein Stück weit im Stich gelassen.“

Später habe er dann selbst recherchiert. Auch vom Bestatterverband kam nach einiger Zeit endlich ein Video mit hilfreichen Instruktionen. Bei einem Menschen, der am Coronavirus verstorben ist, müssen Timo Ludwig und seine Mitarbeiter ganz besondere Vorschriften einhalten, eine Gesichtsmaske und Schutzkleidung tragen. Der Verstorbene wird gleich mehrmals desinfiziert: Zunächst wird auf das Gesicht eine Maske gelegt, die in Desinfektionsmittel getränkt wurde. Der Tote wird dann in mit Desinfektionsspray besprühte Leinentücher gewickelt. Im letzten Schritt kommt die verstorbene Person in eine spezielle Schutzhülle, eine sogenannte „Berghülle“, die auch noch einmal desinfiziert wird.

Kontakt ändert sich

„Wir hatten schon einen Corona- Fall. Das war besonders schlimm, weil es eine Hausabholung war“, erinnert sich Ludwig. Die Platzverhältnisse in Privathäusern erschwerten die Arbeit. In Kliniken sei mehr Raum für die Umsetzung der nötigen Sicherheitsvorkehrungen.

Nicht nur der ungewöhnlich kalt anmutende praktische Teil einer Vorbereitung für den Sarg macht dem 40-jährigen Timo Ludwig zu schaffen, auch der Kontakt zu den Angehörigen stellt sich ganz anders dar als sonst. Trost spenden auf Abstand, gelingt nur schwer. „Es fehlt die Nähe. Früher konnte man sich die Hand geben. Das ist jetzt alles nicht mehr möglich.“

Für Trauernde sei es oft sehr bedrückend, dass nur noch der engste Kreis und nicht mehr Menschen oder Bekannte aus dem Ort oder der Stadt Anteil nehmen können. In Baden-Württemberg sind nach der Corona-Landesverordnung fünf Teilnehmer zu einer Bestattung zugelassen. Ausnahmen gibt es für Personen, die direkt mit dem Verstorbenen verwandt sind oder im gleichen Haushalt leben. Kontrollen gebe es keine. „Im Großen und Ganzen halten sich die Leute an die Bestimmungen. Sie waren relativ vernünftig“, sagt Ludwig. Oft bekomme es die Öffentlichkeit ja gar nicht mehr mit, wann eine Beerdigung statt findet.

Alle Aussegnungsshallen sind wegen der Corona-Sonderbestimmungen gesperrt. Das verändert auch den Ablauf der Beerdigungen grundlegend. „Sie finden nur noch am Grab selbst statt“, erklärt Ludwig. Die Urne oder der Sarg werden direkt dort aufgestellt. „Bisher haben wir mit dem schönen Wetter noch Glück gehabt. So konnten wir alles schön dekorieren und auch Musik laufen lassen.“ Damit seien die Beerdigungen nicht ganz so trostlos, obwohl nur der engste Familienkreis dabei sein darf.

Sollte es aber doch einmal regnen, dann wird es für die wenigen Anteilnehmenden sicher ganz besonders hart. Zu ungewöhnlich und befremdlich steril mutet die Zeremonie schon jetzt an. Nahezu unerträglich wird das Geschehen wohl unter wolkenverhangenem Himmel.

„Wir versuchen, uns zu schützen, so gut es geht“, sagt Ludwig. „Jetzt haben wir ja genug Kenntnis zusammengetragen und wissen, wie wir damit umgehen müssen.“

Noch hielten sich die Corona-Todesfälle, mit denen er mit seinem Unternehmen zu tun hatte, in Grenzen. Ludwig hofft, dass das so bleibt und auch bei Beerdigungen bald wieder ein Stück Normalität einkehrt.

Timo Ludwig, 40, Bestatter aus Lauda

Serie "Die Krise und ich"

In der Serie stellen wir Personen vor, die vom Coronavirus und den Auswirkungen besonders betroffen sind.

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