Kiew/Moskau. Bei massiven Raketen- und Drohnenangriffen der russischen Armee auf zivile Infrastruktur in der Ukraine sind mindestens fünf Menschen getötet worden. Angaben aus Kiew zufolge wurden in der Nacht zu Donnerstag 81 Raketen abgefeuert, darunter auch sechs Hyperschallraketen vom Typ „Kinschal“ (Dolch). Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja wurde erneut von der Stromversorgung abgetrennt und war auf Notstromaggregate angewiesen. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) reagierte besorgt. Es sei höchste Zeit, eine Sicherheitszone rund um das Kraftwerk einzurichten, hieß es.
„Als Antwort auf die am 2. März vom Kiewer Regime organisierten Terrorakte im Gebiet Brjansk haben die russischen Streitkräfte einen massiven Racheschlag geführt“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Am 2. März hatten die russischen Behörden behauptet, eine ukrainische Sabotagegruppe sei auf russisches Gebiet eingedrungen und habe zwei Zivilisten getötet. Präsident Putin sprach von einem „Terroranschlag“. Zu dem Angriff bekannte sich später eine Gruppe russischer Nationalisten.
Die Slowakei will der Ukraine zusammen mit Polen Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 zur Verfügung stellen. Das teilte Verteidigungsminister Jaroslav Nad auf Facebook mit. „Ich bestätige, dass Polen offiziell zugestimmt hat, dass wir die MiGs gemeinsam an die Ukraine liefern“, schrieb Nad. Einen konkreten Zeitplan nannte er nicht. Zuvor hatte bereits Polens Präsident Andrej Duda die grundsätzliche Bereitschaft seines Landes erklärt. Nad mahnte zu Eile. Sein Land könne zehn Kampfjets zur Verfügung stellen. Polen verfügt noch über etwa 30 Maschinen der MiG-29, die überwiegend noch aus DDR-Beständen stammen.
Russland ist nach Einschätzung der litauischen Geheimdienste in der Lage, seinen Angriffskrieg in der Ukraine weitere zwei Jahre fortzusetzen. „Wir schätzen, dass die Ressourcen, die Russland heute zur Verfügung stehen, ausreichen würden, um noch zwei Jahre einen Krieg mit der gleichen Intensität wie heute zu führen“, sagte Oberst Elegijus Paulavicius vom litauischen Militärgeheimdienst bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde. In den USA erwarten Geheimdienste, dass Putin sich auf einen längeren Krieg gegen die Ukraine einrichtet. „Wir gehen nicht davon aus, dass sich das russische Militär in diesem Jahr ausreichend erholt, um größere Gebietsgewinne zu erzielen“, sagte Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines bei einer Anhörung im Senat.
Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages befasst sich mit den Ermittlungen zum Anschlag auf die Ostsee-Pipeline Nord Stream. Dafür ist am Freitag eine Sondersitzung angesetzt. Das Gremium, dessen Aufgabe die Kontrolle der Geheimdienste ist, tagt wie üblich geheim. Dem Vernehmen nach wurden die Mitglieder bislang nicht über Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft zu einer Jacht informiert, die möglicherweise für den Sprengstoffanschlag im vergangenen September gemietet worden war. Nach Recherchen von ARD, SWR und „Zeit“ sollen Ermittler auf dem Tisch in der Kabine des Schiffes Sprengstoff-Spuren entdeckt haben. Die Jacht soll von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sein, die „offenbar zwei Ukrainern gehört“.
Der Kreml hat Berichte über eine angeblich private pro-ukrainische Gruppierung hinter den Anschlägen unglaubwürdig genannt. „Was den pro-ukrainischen ’Doktor Evil’ betrifft, der das alles organisiert haben soll, so ist das schwer zu glauben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. dpa